„Wir wissen nicht, ob Mr. Manning unsere Quelle ist, aber wenn das US-Militär ihn deswegen anklagt, werden wir ihn verteidigen“, heißt es im Wikileaks-Twitter und bei Facebook gibt es hierzu auch schon eine savebradley Seite. Zuvor hatte das US-Militär bestätigt, den 22 jährigen Soldaten Bradley Manning im Irak wegen der Weitergabe von geheimen Dokumenten und des Materials des Collataral Murder Videos, welches Wikileaks Anfang April veröffentlicht hatte, verhaftet zu haben.
Hintergrund war laut eines Artikels von Kevin Poulsen und Kim ZetterWired.com eine Chat-Konversation von Manning mit dem ehemaligen Hacker Adrian Lamo in welcher sich Manning u.a. gerühmt hatte das genannte und weitere Videos von US-Militär Aktionen, Dokumente des US-Militärgeheimdienstes und 260.000 Nachrichten des auswärtigen Dienstes der US an Wikileaks weitergegeben zu haben. Daraufhin soll Lamo die Behörden verständigt haben. Die Twitter Kommentare von Wikileaks hierzu lauten:
Did Wired break journalism’s sacred oath? Lamo&Poulson call themselves journalists.Echoes of Olshansky shopping Diaz?
Adrian Lamo&Kevin Poulson are notorious felons,informers&manipulators. Journalists should take care. http://bit.ly/chFsGC
In der Tat sollten Journalisten vorsichtig sein, aber vor allem Quellen. Der weitere Tweet von Wikileaks „sources should be reminded to ONLY SPEAK TO WIKILEAKS“ ist dabei zwar ein gut gemeinter, schon aus psychischen Gründen oft aber wohl nur schwer zu befolgender Rat. Ähnlich wie schon viele Täter durch Rückkehr an den Tatort, zu viel Interesse an der Tat oder gar dadurch aufflogen, dass sie sich mit ihren Taten brüsteten, besteht auch für Whistleblower das Risiko der Selbstenttarnung. Ebenso wie selbst technisch perfekt funktionierende Hinweisgebersysteme kann Wikileaks und können auch investigative Journalisten die ihren Job ernst nehmen und gut machen immer nur einen Übertragungsweg anonymisieren, nicht aber den Whistleblower davor schützen den falschen Menschen zuviel Vertrauen gegenüber zu bringen und sich so selbst zu verraten. Letztlich hat kaum jemand hat die psychische Konsistenz und Disziplin von Watergate Whistleblower Mark Felt – und selbst der hat irgendwann geredet.
Während Wikileaks bei der Sicherung der Zugänglichkeit der eigenen Informationen und der Abwehr von rechtlichen Angriffen auf die eigene Seite schon in der Vergangenheit einiges Geschick unter Beweis gestellt hat, dürften die Chancen Whistleblower in Fällen wie Manning rechtlich schützen zu können derzeit als äußerst gering einzustufen sein. Schutz kann hier allenfalls die öffentliche und veröffentliche Meinung bieten, wenn es gelingt den Informanten zum sakrosanten Helden zu machen. Aber wie sagte schon Julius Cäsar: „Ich liebe den Verrat, aber ich hasse Verräter.“
Der Verhaftung Mannings und vor allem seinem weiteren Schicksal dürfte demnach eine wesentlich geringere mediale Aufmerksamkeit zukommen als dem Collataral Murder Video selbst, welches kurz nach seiner Veröffentlichung weltweit in den Schlagzeilen war und Wikileaks einen enormen Spendenzuwachs bescherte. Aber eigentlich hatten Medien und Gesellschaft das Thema ja ohnehin schon wieder verdrängt und sind zur Tagesordnung übergegangen, ohne dass es zu Konsequenzen für die Täter gekommen wäre. Verfolgt wurde wieder einmal nur der Whistleblower, ganz wie zuletzt im Falle Bradley Birkenfeld.