Am 01.07.2011 haben Ialana (Deutsche Sektion der International Association Of Lawyers Against Nuclear Arms) und VDW (Vereinigung deutscher Wissenschaftler) in würdigem Rahmen den Whistleblowerpreis 2011 verliehen.
Einen besonderen Moment der Betroffenheit erzeugte dabei die Vorführung des Collateral Murder Videos, für dessen Herausgabe an WikiLeaks eine anonyme Person mit dem Whistleblowerpreis geehrt wurde. Bedrückend vor allem auch in einem Raum der Berlin-Brandenburgischen Akademie der dessen Säulen noch Einschußlöcher aus dem 2. Weltkrieg fühlbar waren. Am Rande der Veranstaltung wurde außerdem deutlich, dass das Preisgeld – und dort gesammelte Spenden – wenn sich niemand als Anonymus outet auch jenen Personen, z.B. Bradley Manning, zur Verfügung gestellt werden wird, die offiziell für die Herausgabe des Videos angeklagt werden.
Der zweite Teil des Preises ging an Dr. Rainer Moormann vom Forschungszentrum Jülich, wegen seiner mutigen Hinweise auf die Gefahren der Hochtemperatur-Atomreaktor-Technologie. Zusätzlich zu der Dokumentation der Reden anlässlich der Preisverleihung, sei insoweit auch auf ein Interview verwiesen, welches das Enter-Magazin mit Dr. Moormann geführt hat.
Im Nachgang der Preisverleihung haben sich IALANA und VDW schließlich mit den Ankündigungen mehrerer Oppositionsfraktionen befasst, demnächst konkrete Vorschläge für eine Verbesserung des gesetzlichen Schutzes von Whistleblowern vorzulegen, über welche das ZDF am Montag (in „heute nacht“, ab Min. 8:49) berichtet hatte. In der entsprechenden Pressemitteilung heißt es:
In Deutschland sind Whistleblower bisher schlechter geschützt als in den USA, in Großbritannien und anderen Staaten. Das muss sich dringend ändern. Selbst der G20-Gipfel in Seoul hat mit Zustimmung von Bundeskanzlerin Angela Merkel am 11./12.11.2010 u.a. Deutschland aufgefordert, „bis Ende 2012 Regeln zum Whistleblower-Schutz zu erlassen und umzusetzen, …um Hinweisgeber, die gutgläubig einen Verdacht auf Korruption melden, vor Diskriminierung und Vergeltungsmaßnahmen zu schützen“.
Es ist sehr zu begrüßen, dass mehrere Fraktionen des Deutschen Bundestages in dieser Woche entsprechende Gesetzesinitiativen für überfällige Fortschritte beim Whistleblowerschutz angekündigt haben. Ein verbesserter Whistleblower-Schutz darf sich jedoch nicht auf den Bereich der Korruption beschränken.
Wer Whistleblower in Deutschland besser schützen will, muss vor allem für drei Dinge sorgen:
Erstens muss die bestehende Rechtsunsicherheit für Whistleblower durch klare gesetzliche Schutzvorschriften beseitigt werden. Wer in gutem Glauben auf gravierende betriebliche oder innerdienstliche Missstände, Rechtsverletzungen oder gar Straftaten gegenüber zuständigen Stellen oder auch in der Öffentlichkeit hinweist, darf deswegen weder diskriminiert noch sonst benachteiligt oder gar gekündigt werden. Für den Fall, dass dies trotzdem geschieht, muss ein effektiver gesetzlicher Anspruch auf Wiedergutmachung und Schadensersatz geschaffen werden.
Zweitens muss das Grundrecht der Meinungsfreiheit für alle Beschäftigten in Betrieben, Unternehmen und Dienststellen wirksamer als bisher gewährleistet werden. Dazu bedarf es einer klaren gesetzlichen Schutzvorschrift mit einer Vermutungsregel: Bei allen Äußerungen von Beschäftigten, die nicht leichtfertig und nicht wider besseres Wissen erfolgen sowie eine das öffentliche Interesse wesentlich berührende Frage betreffen, spricht eine gesetzliche Vermutung für den Vorrang der Meinungsäußerungsfreiheit vor anderen rechtlich geschützten Interessen.
Drittens müssen Beschäftigte wirksam vor Nachteilen geschützt werden, wenn sie sich weigern, an Rechtsbrüchen mitzuwirken oder diese zu vertuschen.
Whistleblower-Netzwerk e.V. begrüßt diese Erklärung. Wir hatten bereits im Mai unsere Kernforderungen für einen gesetzlichen Whistleblowerschutz sowie einen eigenen Gesetzesentwurf vorgelegt und warten derzeit gespannt darauf, wie sich die Parteien – jenseits der von CDU/CSU zu hörenden Diffamierungen – im Detail inhaltlich positionieren werden.