Landauf, landab ist, gerade wenn gerade wenn von den Medien mal wieder eine neue „Skandalsau“ durchs Dorf getrieben wurde, von den betroffenen Organisationen, die sich dann öffentlich das Büßerhemd anziehen müssen, das Gegenmittel schnell zur Hand: „Wir richten einen unabhängigen Ombudsmann ein, an den sich jedermann mit Beschwerden wenden kann“.
Nun mag es in der Tat einige Ombudsleute geben, die einen guten Job machen und ein Ansprechpartner ist in vielen Fällen auch besser als gar keiner. Andererseits gibt es auch genügend schwarze Schafe, ob in der katholischen Kirche, bei der Deutschen Bahn, oder anderswo, deren Aktivitäten sich dann vor allem gegen die Hinweisgeber/Whistleblower richten.
Das eigentliche Problem liegt aber tiefer. Wie kann denn ein, von einer Institution nach deren Gusto eingerichteter, Ombudsmann wirklich unabhängig sein? Ist es nicht die Organisation die ihn auswählt, seine Befugnisse festlegt, ihn bezahlt und notfalls wieder absetzt? Wie häufig kommt es vor, dass die vertraglichen Beziehungen und Befugnisse zwischen Ombudsmann und Institution transparent gemacht werden? Wie oft kommt es vor, dass die Ombudsperson das Recht erhält Vorwürfe notfalls auch außerhalb und gegen die Institution öffentlich oder gegenüber Aufsichtsbehörden vorzubringen? Und überhaupt ist selbst eine völlig integre Ombudsperson nicht zwangsläufig überfordert, wenn sie einerseits die Rechte der Hinweisgeber und deren Identität schützen, die Interessen der betroffenen Institution wahren und eventuell sogar noch selbst den Sachverhalt aufklären soll?
Man darf gespannt sein, wann Medien und Öffentlichkeit einmal aufwachen und diese Fragen stellen, statt sich mit dem Eingangsstatement ruhigstellen zu lassen.
So lange jedenfalls wie Whistleblower gar keine Ansprechpartner oder ein völlig intransparentes und ungeregeltes Ombudsmannunwesen (und darüber hinaus weisungsgebundene Staatsanwaltschaften und in ihren Karrieren von der Exekutive abhängige Richter) haben, braucht sich niemand zu wundern, warum die Kultur des Schweigens die täglich neue Opfer kreiert, fortbesteht.
Eine Änderung würde voraussetzen, dass:
- in der öffentlichen Meinung nicht nur das jeweils aktuelle Problem thematisiert wird sondern auch und vor allem die strukturellen Querschnittsfragen: Warum hat keiner früher geredet? Wen hätte er ansprechen können? Was wäre passiert wenn jemand geredet hätte?
- es nicht mehr toleriert wird, dass diejenigen, die auf den Schmutz hinweisen als Nestbeschmutzer gelten und verfolgt werden
- sichergestellt wird, dass unabhängig von der Art der Missstände immer ein wirklich unahängiger Ansprechpartner bekannt und verfügbar ist
- dieser die Ressourcen hat Probleme bis zu ihren Wurzeln zu analysieren, den Mut hat Veränderungen einzufordern und die Macht diese auch durchzusetzen.