Petition für zusätzliche Senate am Bundesverfassungsgericht

Whistleblowing an staatliche Stellen muss nach Auffassung des Whistleblower-Netzwerks als Ausübung des Petitionsrechts nach Artikel 17 des Grundgesetzes stets zulässig sein und darf nicht zu Diskriminierungen Dritter führen. Leider ist dies in Deutschland derzeit noch anders. Positiv ist aber, dass seit einiger Zeit die öffentliche Wahrnehmung von Petitionen an den deutschen Bundestag durch die Einrichtung eines Internetportals gestärkt wurde und jeder Bürger dort auch online die Möglichkeit hat Petitionen zu erstellen und sich vorhandenen Petitionen anzuschließen.

Anlass auf diese Möglichkeit an dieser Stelle erneut hinzuweisen ist eine Petition von Horst Leibacher:

Text der Petition
Der Deutsche Bundestag möge beschließen, dass zu den bestehenden zwei Senaten beim Bundesverfassungsgericht, mindestens zwei weitere Senate neu gebildet werden. Damit soll die große Anzahl von eingelegten Verfassungsbeschwerden, auch nach dem Grundgesetz für die Bürgerinnen und Bürger „Verfassungskonform“, in einer mündlichen Verhandlung einer Entscheidung zugeführt werden. So soll verhindert werden, dass weit über 90% aller eingelegten Beschwerden gar nicht zur Entscheidung angenommen werden.

Begründung
Nach gewonnenen Erkenntnissen und Meinung des „Schutzverbandes gegen kommunale und behördliche Willkür e.V.“ erfüllt das Bundesverfassungsgericht mit seinen zwei Senaten bei Verfassungsbeschwerden gemäß Art. 93 4a GG, nicht die verbürgten Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger. Die Jahresstatistik 2007 des Bundesverfassungsgerichts gibt für den Zeitraum ab dem 7. September 1951 bis zum 31. Dezember 2007 die Anzahl der eingelegten Verfassungsbesschwerden mit 163.347 an. Zusammen mit den rund 6000 anderen eingelegten Beschwerden (Normenkontrollklagen, Parteiverbotsverfahren, Organ- und andere Verfassungstreitigkeiten in Bund und Ländern) ergeben sich für diesen Zeitraum insgesamt 169.502 Beschwerden. Diese mussten alle von den zwei Senaten bearbeitet werden. Lediglich 2,5% der in diesem Zeitraum eingelegten Verfassungsbeschwerden waren erfolgreich. Rund 97,5% der eingelegten Beschwerden wurden zurückgewiesen und nicht zur Entscheidung angenommen und waren daher für die Beschwerdeführer erfolglos. Eine geringe Anzahl der eingelegten Beschwerden erledigte sich aus anderen Gründen oder von selbst. Die Jahresstatistik 2007 des Bundesverfassungsgerichts zeigt die aktuelle Entwicklung. Im Jahr 2007 stieg die Zahl der eingelegten Beschwerden gegenüber dem Vorjahr 2006 um rund 300 auf insgesamt 6.154 Beschwerden. Davon wurden im Jahr 2007 lediglich 148 Beschwerden erfolgreicht für die Beschwerdeführer vom Bundesverfassungsgericht entschieden – das ist eine Quote von nur 2,45%. Auch im Jahree 2007 erledigten sich nur wenige der eingelegten Verfassungsbesschwerden aus andren Gründen oder von selbst. Bedeutsam sind die 15 Fälle, in denen die eingelegten Beschwerden vom Verfassungsgericht mit einer Missbrauchsgebühr belegt wurden. Denn daraus kann geschlossen werden, daß die übrigen Besschwerden, also mehr als 99% aller Beschwerden, im Einklang mit dem GG waren. Dem Grunde nach hätte dieser hohe Anteil zum Erfolg führen müssen, ansonsten doch auch für die zurückgewiesenen 97% eine Missbrauchsgebühr verhängt worden wäre. Durch die Unterbesetzung des Bundesverfassungsgerichts mit zwei Senaten kann eine verfassungskonforme Bearbeitung der eingelegten Verfassungsbeschwerden derzeit nicht gewährleistet werden. So ist eine Erweiterung der bestehenden Senate eine dringende Notwendigkeit, damit die verbürgten Grundrechte für die Beschwerdeführer, die Bürgerinnen und Bürger also, auch greifen.

Leider müssen auch Whistleblower immer wieder entsprechende Erfahrungen machen. So wurde z.B. die Verfassungsbeschwerde von Brigitte Heinisch ebenfalls ohne Begründung abgelehnt. Die BVerfG-Statistiken-2007 des 1.Senats und des 2.Senats zu den erledigten Verfassungsbeschwerden die in den Jahren seit 2000, weisen aus, dass 54 % der erledigten Verfassungsbeschwerden ohne jegliche Begründung und weitere 18% nur mit einer sehr knappen Tenorbegründung abgewiesen wurden. 22% der Abweisungen enthielten eine Begründung, aber nur 2%, nämlich genau 148 Verfassungsbeschwerden waren erfolgreich. Diese Zahlen sprechen für sich und lassen Zweifel an der Funktionsfähigkeit der Kontrolle der Grundrechte ebenso aufkommen wie an der Akzeptanz einer Justiz, deren höchste Instanz ihre Entscheidungen sehr häufig nicht einmal mehr zu begründen vermag.

Das Bundesverfassungsgericht selbst spricht zwar auch von großem Arbeitsanfall, bewertet gerade die Begründungsfrage in seiner Pressemitteilung unter der Überschrift „business as usual“ jedoch ganz anders:

Die Intensität der Arbeit des Bundesverfassungsgerichts wird auch durch die Anzahl der mit Gründen versehenen Nichtannahmeentscheidungen von Verfassungsbeschwerden wiedergegeben. Obgleich § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG vorsieht, dass eine Nichtannahme keiner Begründung bedarf, wurden von den 5.783 Nichtannahmen (ohne mitentschiedene Verfahren) 1.115 mit einer Tenorbegründung und 1.331 mit einer ausführlicheren Begründung versehen. Das sind knapp 43 % aller Nichtannahmeentscheidungen.

Hier können Sie die Petition für zusätzliche Senate am Bundesverfassungsgericht mitzeichnen.

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