Unter großen persönlichen Risiken deckte Raphaël Halet geheime Vereinbarungen zwischen Großkonzernen und dem Staat Luxemburg auf, durch die der öffentlichen Hand anderer europäischer Staaten Steuergelder in mehrstelliger Milliardenhöhe entzogen worden waren (LuxLeaks). Er wurde zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er den Interessen seines Arbeitgebers, der Firma PricewaterhouseCoopers (PwC), in unzulässiger Weise geschadet habe. Er hatte Steuerunterlagen von PwC-Kunden an Medien weitergeben.
In einer bahnbrechenden Entscheidung vom 14.2.2023 hat die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) das Urteil der Vorinstanzen revidiert und Raphaël Halet eine Entschädigung zugesprochen. In ihrer Begründung betonten die Richter*innen das erhebliche öffentliche Interesse an der Offenlegung von Informationen über derartige Steuervermeidungspraktiken. Ähnlich hatte Whistleblower-Netzwerk (WBN) in seiner Drittintervention vor dem EGMR argumentiert.
Doch welche Folgen hat das Urteil für Whistleblower und Journalisten? Welche Auswirkungen hat es auf die nationale Rechtsprechung? Welche Anpassungen sollte der Gesetzgeber nun beim geplanten Hinweisgeberschutzgesetz vornehmen?
Über diese und weitere Fragen haben wir am 21. März 2023 auf einer öffentlichen Online-Veranstaltung diskutiert, die wir zusammen mit Reporter ohne Grenzen (RSF) organisiert haben. Die einleitenden Beiträge von LuxLeaks-Whistleblower Raphaël Halet, Dr. Simon Gerdemann, Autor der Drittintervention von Whistleblower-Netzwerk, Annegret Falter, Vorsitzende von Whistleblower-Netzwerk, und Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter Ohne Grenzen finden Sie hier auf YouTube und ausschnittsweise im rbb Inforadio.
Programm
- Begrüßung und Einführung
Annegret Falter, Vorsitzende von Whistleblower-Netzwerk (WBN) - Erfahrungsbericht von Raphaël Halet (Videoeinspielung)
LuxLeaks-Whistleblower und Kläger gegen den Staat Luxemburg - Analyse des Urteils
Dr. Simon Gerdemann, Verfasser der Drittintervention von Whistleblower-Netzwerk und Leiter des DFG-geförderten Forschungsprojekts zum Whistleblowing-Recht - Folgerungen für den Journalismus und Forderungen an den Gesetzgeber
Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen - Diskussion
Moderation
Kosmas Zittel, Geschäftsführer Whistleblower-Netzwerk (WBN)
Ergänzende Hintergrundinformationen
- WBN-Pressemitteilung zur EGMR-Entscheidung (14.02.2023)
- EGRM-Pressemitteilung zum Urteil (14.02.2023)
- EGRM-Urteil (14.02.2023)
- Video der Urteilsbegründung (14.02.2023)
- WBN-Pressemitteilung zur Überweisung an die Große Kammer des EGMR (07.01.2021)
- Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) – gemäß Beschluss des Bundestags (16.12.22)
- Prüfaufträge des Bundestags zum HinSchG vom 16.12. 22
- WBN-Pressemitteilung zur Blockade des HinSchG durch Bundesrat (10.01.2023)
- WBN-Pressemitteilung zum Gesetzesbeschluss (HinSchG) des Bundestags (16.12.2022)
- Positionspapier von ROG und WBN zur Umsetzung der EU-Whistleblowing-Richtlinie (23.02.2020)