Die bei der Stadt Kassel beschäftigte Sekretärin Cornelia Harig hatte im Sommer 2012 festgestellt, dass die damalige Leiterin ihres Amtes – ausgerechnet des Revisionsamts – ihre Dissertation während der Dienstzeit im Amt von einer anderen Sekretärin abtippen und korrigieren lies.
Frau Harig beschwerte sich innerhalb der Stadtverwaltung bis hin zum Oberbürgermeister darüber, aber nichts geschah und auch Erinnerungsschreiben blieben erfolglos. Danach wandte sie sich an die Fraktionen im Stadtrat. Nun folgte die Reaktion der Stadtverwaltung prompt: eine Abmahnung wegen Loyalitätspflichtverletzung und einer angeblichen Beschädigung des Ansehens der Stadt und des Oberbürgermeisters.
Diese Abmahnung hat das Arbeitsgericht Kassel heute für unverhältnismäßig erklärt und aufgehoben. Nach Ansicht des Gerichts wäre maximal eine Ermahnung angemessen gewesen, aber darauf wollte sich Frau Harig, in dem Bewußtsein sich richtig verhalten zu haben, sich nicht einlassen. Ein toller Erfolg nach eineinhalb Jahren Kampf der Whistleblowerin, zu dem Whistleblower-Netzwerk ganz herzlich gratuliert.
Nach dem Urteil sagte Frau Harig: „Ich denke, dass es auch anderen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen Mut macht, auch mal den Mund an richtiger Stelle auf zu tun und sich nicht einfach mundtot machen zu lassen, den Mund verbieten zu lassen. Denn dass was ich angebracht habe, ist ja kein Dienstgeheimnisverrat“. Rechtskräftig ist dieses Urteil allerdings noch nicht, denn die Stadt Kassel prüft derzeit noch die Möglichkeit einer Berufung.
Übrigens: die damalige Amtsleiterin hat mittlerweile den entstandenen Schaden im mittleren dreistelligen Euro Bereich erstattet. Eine disziplinarrechtliche Sanktion blieb ihr erspart. Ihren neuen Job als Kämmererin in einer anderen Stadt verlor sie allerdings.