Mächtige hassen Whistleblower. Sie decken ihre Verfehlungen auf, wo andere mitmachen und schweigen. Während Hoffnungsträger Obama als Präsidentschaftskandidat Whistleblowing zu Recht noch als Kontrollinstrument pries, ist er als Präsident entzürnt über die Kiriakous, Drakes, Snowdens und Mannings in seinen Diensten, denen die Aufdeckung von Missständen und Rechtsbrüchen wichtiger ist, als ihre gut bezahlten, sicheren Jobs und ihre vorzüglichen Karriereaussichten. Sie waren bereit das Risiko einzugehen all dies und sogar ihre Freiheit aufs Spiel zu setzen, um etwas höherem zu dienen: dem Rechtsstaat, der Demokratie und den Interessen der Bevölkerung.
Mit dem in der letzten Woche ergangenen Urteil gegen Bradley Manning aber auch mit dem ebenfalls in der letzten Woche bekannt gewordenen Aktionen der britischen Regierung gegen den Guardian und den Lebensgefährten von Glenn Greenwald liegen jetzt weitere knallharte Reaktionen der Mächtigen und ihrer Vasallen vor. Wer auspackt oder denjenigen hilft, die dies tun, wird zur Zielscheibe und wird sichtbar und deutlich abgestraft. Das offensichtliche Ziel ist Nachahmer abzuschrecken, Konformität zu erzwingen und denjenigen Journalisten, die es wagen sich vom Pfad des Mainstream wegzubegeben, deutlich zu machen, dass sie vermintes Gelände betreten.
Viele werden sich davon beeindrucken lassen. Aber es gibt auch Hoffnung. Die Hoffnung, dass die Offensichtlichkeit der Überreaktion andere im Nachdenken und im Willen bestärkt, dies nicht mehr länger hinzunehmen. Einige Reaktionen aus der Zivilgesellschaft (z.B. Reporter ohne Grenzen, Amnesty International, GAP, OSF) und einiger Medien auf das Urteil gegen Manning sind insoweit durchaus ermutigend.
Außerdem gilt: würde die intendierte Abschreckung funktionieren, so hätte es den Whistleblower Snowden nicht mehr geben dürfen, denn immerhin befand sich Manning zu jenem Zeitpunkt schon seit mehreren Jahren in Untersuchungshaft, z.T. unter menschenunwürdigen Bedingungen. Es wird immer wieder mutige, idealistische oder auch etwas naive Einzelne geben, die sich nicht abschrecken lassen. Unser aller Aufgabe sollte es sein, sie bei der Aufdeckung der Wahrheiten zu unterstützen und zu schützen.
Jedenfalls in Deutschland hat das Thema Whistleblowerschutz gerade in den letzten Monaten einen beachtlichen Aufschwung erlebt. Aber auch hier zeigt sich die Unbeliebtheit bei den Mächtigen. Von den Direktkandidaten der Oppositionsparteien für die Bundestagswahl sprach sich bei einer Umfrage von Abgeordnetenwatch die große Mehrheit dafür aus Whistleblower zu schützen. Bei der Union waren es allerdings nur 21, bei der FDP 48 von jeweils 299 Wahlkreiskandidaten. Was aber haben die Oppositionsparteien im Bund bisher in jenen Ländern für besseren Whistleblowerschutz, z.B. für Landesbedienstete getan, in denen sie an der Macht sind? Nichts! Das riecht stark nach einer Einstellung: Whistleblowing bei anderen, gerne, aber in meinem Laden bitte nicht. Ganz so wie diese auch von Herrn Putin gepflegt zu werden scheint. Also warten wir mal ab, wie sich die Mehrheiten und die Einstellungen zum Whistleblowing nach der Bundestagswahl entwickeln werden und vor allem, ob sich an deren, auch in Deutschland unzureichendem rechtlichen Schutz, tatsächlich etwas ändern wird.