„Sorgfältig prüfen“ sollte die Bundesregierung laut BdA-Präsident Dieter Hundt, ob Sie nicht Rechtsmittel gegen die Entscheidung des EGMR im Fall Heinisch einlegt. Die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände scheint demnach auch nach dem Urteil an ihrer bisherigen Linie festhalten zu wollen, wonach gesetzlicher Whistleblowerschutz überflüssig sei. «Probleme im Betrieb müssen zunächst intern geregelt werden. Dazu muss jedes Unternehmen seinen eigenen Weg gestalten können» so zitiert die NOZ Hundts Reaktion auf das Urteil weiter. Bei so wenig Einsicht, kann man sich bestenfalls noch freuen, dass anderes als noch vor kurzem im Bundestag seitens CDU/CSU, Worte wie „Blockwarte“ und „Denunzianten“ diesmal nicht fielen.
Kritik am Heinisch-Urteil äußert neben Hundt auch Dr. Steffen Scheuer ein Partner bei Baker McKenzie Rechtsanwälte, also einer Kanzlei die nicht gerade dafür bekannt ist Arbeitnehmerinteressen zu vertreten. Bei ihm heißt es: „Wie der EGMR … eine altruistische Motivationslage erkennen konnte, ist kaum erklärbar. Richtigerweise muss es dabei bleiben, dass Arbeitnehmer mit einer Kündigung rechnen müssen, wenn sie ihren Arbeitgeber mit einer Strafanzeige überziehen, ohne auch nur ansatzweise einen Beweis für die angebliche Straftat beibringen zu können“. Dass auch das Bundesverfassungsgericht schon 2001 nur leichtfertige Strafanzeigen von Arbeitnehmer ausschließen wollte, übersieht Scheurer dabei ebenso, wie die MDK-Berichte und die unzähligen internen Klärungsversuche die Heinisch – oft gemeinsam mit Kolleginnen – zuvor unternommen hatte.
Erfreulicher Weise sind Hundt & Co. derzeit aber mit ihrer Auffassung ziemlich isoliert. Die überwiegende veröffentlichte Meinung feiert Brigitte Heinisch – zu Recht – für ihre Zivilcourage und begrüßt das Urteil des EGMR. Gesehen wird dabei zumeist auch der Korrekturbedarf in der deutschen Justiz und der Handlungsbedarf der Legislative. So heißt es z.B. Heribert Prantl in der SZ: „Die Straßburger Entscheidung sollte Anlass sein, das ‚Gesetz zum Schutz öffentlicher Interessen durch Förderung und Schutz von Hinweisgebern‘ zu verabschieden. Es gibt gute Entwürfe dafür. Sie enthalten auch klare Regeln zum Kündigungsschutz.“ Der von Prantl zitierte Gesetzestitel entspricht dabei übrigens genau jenem unseres Entwurfs.
Selbst die Bundesjustziministerin von der bisher beim Thema „Gesetzlicher Whistleblowerschutz“ ausgesprochen schweigsamen, selbst erklärten „Bürgerrechtspartei“, FDP scheint laut Handelsblatt langsam zu begreifen, dass das Thema auf der Tagesordnung steht und sich auch ihre Partei hier wird positionieren müssen. DGB, Ver.di, Grüne und Linke haben das EGMR-Urteil ebenso mit eigenen Stellungnahmen begrüßt, wie Transparency International und unser Kooperationspartner das DokZentrum AnsTageslicht.de. Bei letzterem ist die ausführliche Dokumentation des Falles von Brigitte Heinisch jetzt auch entsprechend ergänzt worden.