„Was siehst du aber einen Splitter in deines Bruders Auge, und des Balkens in deinem Auge wirst du nicht gewahr?“
Lukas 6.41
Die EU-Kommission hat sich soeben mal wieder an die Spitze der Korruptionsbekämpfung in Europa gesetzt. Laut einer aktuellen Pressemitteilung soll mit einen 2013 erstmals erscheinenden Korruptionsbekämpfungsbericht ein klares Bild der Korruptionsbekämpfungsanstrengungen und ihrer Ergebnisse gezeichnet und es sollen Mängel und Schwachpunkte in den 27 Mitgliedstaaten aufzeigt werden. Daneben soll es ein Maßnahmepaket geben. „Die Bekämpfung der Korruption sollte absolute Priorität genießen“ wird Cecilia Malmström, EU-Kommissarin für Inneres zitiert.
Merkwürdig ist nur, dass die EU-Kommission, die sich derart um die Korruptionsbekämpfung in den Mitgliedsstaaten bemühen will, im eigenen Hause wesentlich weniger Aktivitäten zu entfalten scheint. Dies obwohl gerade hier dringender Handlungsbedarf besteht. Anderes als in den meisten Mitgliedstaaten (Deutschlands weisungsgebundene Staatsanwälte sind da eine Ausnahme) gibt es auf der Ebene der EU-Institutionen keine unabhängige Staatsanwaltschaft, die EU-Kommission und deren Beamte genießen zum Teil Immunität und die EU-Kommission zieht alle Register wenn es darum geht aufrechte EU-Mitarbeiter von der Einschaltung von nationalen Strafverfolgungsbehörden oder anderen Kontrollinstanzen abzuschrecken oder dafür zu sanktionieren. EU-Intern soll alles einzig durch die EU-Betrugsbekämpfungsbehörde OLAF untersucht werden.
Dazu muss man wissen, dass deren Chef ein Gerneraldirektor der Kommission ist, der für Untersuchungen zwar angeblich „unahängig“ sein soll, zugleich für den größten Teil seiner Aufgaben und seines Budgets aber an die Weisungen der Kommissare gebunden ist. Dementsprechend wird die Unabhängigkeit von OLAF, wenn es um Ermittlungen gegen die Kommission und deren Spitzenbeamten geht, von vielen Experten bezweifelt. Erfolge wenn es um die Aufdeckung von Korruption in jenen Kreisen geht, hat OLAF bisher keine vorzuweisen.
Die Zweifel an der Korruptionsbekämpfung innerhalb der EU-Kommission haben sich zuletzt auch im Rahmen einer Anhörung im Europäischen Parlament nochmals erhärtet. Entsprechend weist der österreichische EU-Abgeordnete Martin Ehrenhauser aktuell in einem Beitrag für „Die Presse“ mit dem treffenden Titel „Zeit ist überreif, die Unkultur des Schweigens zu beenden„, auf die vielfachen Versäumnisse der Kommission und den dringenden Handlungsbedarf, gerade beim Schutz von Whistleblowern, hin. Wenn also die Kommission es diesmal wirklich ernst meinen sollte mit Korruptionsbekämpfung, so sollte sie schnellstmöglichst anfangen, ihr eigenes Haus aufzuräumen und die vielen bisher zu Schaden gekommenen Whistleblower zu rehabilitieren. Den Versprechungen seit 1999 müssen endlich Taten folgen!