Whistleblower Netzwerk e.V. hatte zum letzten Maiwochenende 2010 seine Mitglieder und Interessierte zum Seminar „Whistleblowing aus Sicht der Whistleblower“ in das Seminarhaus Rommerz eingeladen.
Im Mittelpunkt der Tagung standen Berichte von Whistleblowern. So waren z.B. gleich drei Preisträger des von der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW) gestifteten „Whistleblower-Preises“ anwesend. Brigitte Heinisch, Altenpflegerin aus Berlin sowie Rudolf Schmenger und Frank Wehrheim – beide mittlerweile bundesweit bekannte, ehemalige hessische Steuerfahnder – machten deutlich, dass Whistleblower mit der Aufdeckung von Missständen nicht nur Zivilcourage zeigen, sondern auch einen langen Atem und gesundes Selbstvertrauen brauchen, um Mobbing und gegen sie eingeleitete (Gerichts-)Verfahren möglichst unbeschadet zu überstehen. Oft werden Whistleblower von den „Ausgepfiffenen“ jahrelang verfolgt, in ihrem beruflichen Fortkommen beeinträchtigt und mit Repressalien überzogen.
In seinem Vortrag, „Whistleblowing als Prozess“ zeigte der Vorsitzende des Netzwerks, Guido Strack anhand von Fallbeispielen immer wiederkehrende Muster des Whistleblowings auf. Er verdeutlichte auch, dass sehr gravierende Missstände, kriminelle Handlungen oder die Vertuschung gesundheits- oder umweltgefährdender Vorgänge oft erst dank aufmerksamer Whistleblower öffentlich und damit sanktionierbar werden. Fazit: Verantwortliche Förderung und Ausübung von Whistleblowing nutzt:
- Den Einzelnen: Freie Meinungsäußerung, loswerden, was auf den Nägeln brennt, im Einklang mit Gewissen ohne innere Kündigung, vermeidet Belastungen;
- Der betroffenen Organisation: alternativer Informationskanal jenseits filternder Hierarchie, Risikofrüherkennung, hohe Motivationswirkung, hohe Relevanz für das Image;
- Staat und Gesellschaft: Risikoerkennung, Diskurs, kostengünstige Kontrolle, basis-demokratisch, fördert fairen Wettbewerb und Wahrheit, universell einsetzbar
Am zweiten Seminartag sammelten die Teilnehmer in einem „Brainstorming“ Ideen, wie das in den angelsächsischen Ländern bereits geläufige Whistleblowing auch bei uns bekannter und erfolgreicher gemacht, aber auch darüber wie der Schutz von Whistleblowern vor Repressalien verbessert werden kann. Zur besseren Umsetzung der Ideensammlung will Whistleblower-Netzwerk dabei zukünftig verstärkt auf Regionalgruppen setzen und weitere solcher Gruppen gründen, in denen sich Mitglieder und Interessierte aktiv beteiligen können.
Anlässlich des Seminars fand auch die Mitgliederversammlung des Vereins statt, der innerhalb der letzten beiden Jahre seine Mitgliederzahl um über 55% steigern konnte. Bei den Vorstandswahlen wurden sowohl der Vorsitzende Guido Strack als auch sein Stellvertreter Prof. Dr. Johannes Ludwig und Schatzmeister Werner Borcharding in ihren Ämtern im geschäftsführenden Vorstand bestätigt. Daneben wurden noch drei Beisitzerinnen und ein Beisitzer gewählt, die gemeinsam mit den Vertreterinnen und Vertretern der Regionalgruppen den erweiterten Vorstand bilden.
Weiteres Highlight des Seminars war ein Diavortrag des bisherigen Vorstandsmitglieds Heiner Tettenborn über seinen mehrmonatigen Aufenthalt in Afghanistan. Er bot ungewohnte Einblicke in das Leben der Menschen sowie überwältigende Landschaftsbilder ebenso wie Einsichten und Ansichten die jene der offiziellen politischen Stellen und der Leitmedien in Deutschland oft fragwürdig machten.
Am Ende des von allen Teilnehmern sehr positiv bewerteten Seminars bestand Einigkeit darüber, die Öffentlichkeitsarbeit und die Zusammenarbeit mit befreundeten Organisationen zu verstärken, um Whistleblowing auch in Deutschland bekannter zu machen und so Missständen in Firmen, Organisationen und staatlichen Einrichtungen wirksamer entgegenzutreten. Auch im nächsten Jahr soll wieder ein Whistleblower-Seminar durchgeführt werden.