Durch law blog sind wir auf den 1. Tätigkeitsbericht des Ombudsmanns für den Justizvollzug in NRW aufmerksam geworden. Dieses Amt war vor etwa einem Jahr auch als Reaktion auf den Foltermord im Gefängnis Siegburg eingerichtet worden. Der Ombudsmann ist unser Kenntnis nach bundesweit der einzige seiner Art. Laut seiner Webseite ist er:
Ansprechpartner für Gefangene und ihre nahen Angehörigen, Beschäftigte des Vollzuges und ehrenamtliche Helfer, die ihre Schwierigkeiten mit den übrigen Beteiligten in der Anstalt selber nicht lösen konnten oder die durch Anregungen, Beobachtungen und Hinweise dazu beitragen möchten, das Klima in den Haftanstalten weiter zu verbessern. Die Aufgaben des Ombudsmannes und seines Teams sind Vermittlung, Empfehlung, Hinweis und Bericht, ebenso wie der Dialog mit der Vollzugsverwaltung. Dabei wird in vielen Gesprächen den Dingen auf den Grund gegangen und geholfen konträre Positionen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen und einen vernünftigen Interessenausgleich herbei zu führen.
Der Ombudsmann ist keiner Weisung unterworfen. Alle Eingaben an ihn werden vertraulich behandelt. Der Schriftwechsel aus der Strafhaft wird nicht überwacht.
Damit stellt der Ombudsmann auch einen Ansprechpartner für Whistleblower in und aus dem Umfeld der Justizvollzugsanstalten dar. Seine diesbezügliche Bilanz fällt jedoch (noch) relativ ernüchternd aus:
Angesprochen haben mich in den letzten 10 Monaten fast 800 Bedienstete, Gefangene und Angehörige von Gefangenen. Derzeit schreiben mich im Durchschnitt 105 Gefangene im Monat an, ferner bitten mich immer öfter Personalräte, Seelsorger und sämtliche Mitarbeiter eines Fachdienstes um ein Gespräch, in vielen Fällen auch um Vermittlung in einem aktuellen Konflikt.
Unbefriedigend ist für mich, dass es nur in wenigen Einzelfällen gelungen ist, soviel Vertrauen bei Gefangenen zu gewinnen, dass sie sich mit Suchtproblemen oder Klagen über Gewalttätigkeiten an mich gewendet haben. Auch ist es nur selten gelungen, den falsch verstandenen Korpsgeist der Bediensteten zu durchbrechen und sie zu bewegen, nicht nur hinter vorgehaltener Hand, sondern offen z.B. über nicht korrektes Verhalten von Kollegen zu berichten. Das tiefer gehende Vertrauen dieser Menschen zu gewinnen, ist ein langer Prozess und ich stehe erst an seinem Anfang. Ich hoffe, durch eine verstärkte spontane Ansprache von Bediensteten und Gefangenen bei meinen Besuchen in den Anstalten da einen Schritt weiter zu kommen.
Whistleblower-Netzwerk begrüßt die Arbeit des Ombudsmanns für den Justizvollzug in NRW und hofft, dass es ihm in Zukunft gelingen wird den falschen Korpsgeist der Mitarbeiter zu durchdringen und bei Gefangenen und Mitarbeitern mehr Vertrauen in seine Arbeit zu erreichen. Die Verantwortlichen in den anderen Bundesländer sollten sich überlegen, ob dort nicht auch ähnliche Funktionen geschaffen werden sollten, um Missstände im Justizvollzug rechtzeitig und kostengünstig entdecken und abstellen zu können und die Beeiträchtigungen für Mitarbeiter und Insassen auf das nötige Maß zu begrenzen – oder muß auch dort zunächst das Kind in den Brunnen fallen?