Wie arbeiten eigentlich Bildungsträger, die mit öffentlichen Mitteln bezahlt werden um Menschen mittels Fortbildung neue Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu eröffnen? Wie gelingt es ihnen zwei Herren zu dienen, der Arbeitsagentur und den Teilnehmern und gleichzeitig den nötigen Profit abzuwerfen? Nun, eine allgemein gültige Antwort gibt es hierzu wohl nicht, aber wer einen Blick durchs Schlüsselloch wagen will was zumindest bei einigen Bildungsträgern vor sich geht, kann dies jetzt tun. Auf schwarz-auf-weiss.org findet sich hierzu nämlich ein sehr erhellender Insider-Report von Uwe Dörwald, der u.a. zu dem Schluss kommt, dass sich Träger eines „kreative Einsparungspotentials im Personal- und Sachbereich“ bedienens und dabei vor allem auf die mangelnde Kontrolle durch die Arbeitsagentur bauen. „Man kann sich in gewissem Grade sicher fühlen bei seinem Tun und Lassen.“
Bemerkenswert an dem Bericht ist aber nicht nur die detaillierte Beschreibung der Situation in der konkreten Branche, sondern auch der Einblick in die Motivation des Autors und die Situation eines Whistleblowers der intern kein Gehör findet:
„Weshalb schreibe ich dies und warum existiert eine Art Mauschelei bei Bildungsträgern? Ich schreibe dies, weil diese Verhältnisse System zu sein scheinen, weil man dies nicht akzeptieren kann und weil eine Erfahrung zur Sprache zu bringen, verhindert, dass wir nur ihre Opfer sind; wenn wir Worte dafür finden, entsteht eine erkennende Distanz, die wir als befreiend erleben.
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Im Bezugssystem des Arbeitgebers Bildungsträger ist kritisches Denken und Hinterfragen in den meisten Fällen weder erwünscht noch gefragt, man muss im Sinne des Systems funktionieren. Und das kann zu einer psychologischen Last werden, wenn man mitbekommt oder ahnt, dass auf diese Weise einiges nicht vertragskonform läuft. Man weiß andererseits aber auch, dass die viel gepriesene und immer in kritischen Situationen eingeforderte Loyalität einer Firma gegenüber ihre Grenze hat – das Maß ist so etwas wie die eigene ethische Disposition oder das Verständnis von Recht.
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Von Arbeitgeberseite wird Loyalität oft verwechselt mit „Abhängigkeit“ und „Obrigkeitsdenken“, also dem Festhalten an getroffenen Vereinbarungen gegen besseres Wissen und Gewissen. Die Frage ist aber a) kann man sich außerhalb der gesetzlichen Regelungen stellen und b) ist die Treue gegenüber einer vermeintlichen Autorität höher zu bewerten als das Einhalten von Gesetzesvorschriften?
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Eingeforderte Loyalität, die stillschweigende Forderung nach dem Vertuschen von kleinen Unregelmäßigkeiten und die systematische Durchsetzung der Wirtschaftlichkeit mittels kreativer Interpretation von Verträgen rechtfertigen auf der Dozenten- und Mitarbeiterseite die Pflicht zur Untreue, so der Missbrauch staatlicher Mittel offen gelegt werden kann. Der Mitarbeiter hat also das Recht und die Pflicht zum Ungehorsam, sofern die Ausführung von Anweisungen übergeordnete Werte verletzten würde. Dies erfordert allerdings Mut und Zivilcourage und allzu oft werden Mitarbeiter, die mutig sind und gegen Mauscheleien vorgehen, kalt gestellt als Leute, die den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens gefährden. Doch was ist diese Art wirtschaftlicher Erfolg wert?“
Viele dieser Aussagen lassen sich leider wohl 1:1 auf andere Unternehmen in anderen Branchen übertragen. Hinzu kommen muss allenfalls noch ein Anwendungshinweis: „das Recht und die Pflicht zum Ungehorsam“ mögen zwar nötig und moralisch gegeben sein, die Rechtsprechung in Deutschland dürfte dies derzeit jedoch anders sehen.