Die Bundestagsfraktion Bündnis90/Die Grünen hat in der letzten Woche ihren Gesetzesentwurf für ein Whistleblower-Schutzgesetz offiziell in den Bundestag eingebracht (Drucksache 17/9782). Der Entwurf enthält kleinere Verbesserungen gegenüber dem bereits im letzten November öffentlich zur Diskussion gestelltenVorentwurf, weist nach Meinung des Whistleblower-Netzwerk e.V. aber immer noch zahlreiche Probleme und Lücken auf.
Entgegen des von der SPD im Februar eingebrachten Vorschlages und entgegen der Empfehlungen internationaler Experten, wollen die Grünen kein eigenständiges dauerhaftes Whistleblowing-Gesetz schaffen, sondern schlagen ein so genanntes Artikel-Gesetz vor, welches sich im Wesentlichen auf Änderungen in bereits bestehenden Gesetzen, insbesondere im Bürgerlichen Gesetzbuch und in den Beamtengesetzen beschränkt. Damit wird die Chance für ein klares Signal pro Whistleblowing und für dessen Förderung versäumt und Regelungslücken bei untypischen Beschäftigungsverhältnissen sind ebenso vorprogrammiert, wie das Versagen des Schutzes z.B. bei einer Insolvenz des Arbeitgebers.
Auch etliche andere Kritikpunkte am Vorschlag der Grünen, die Whistleblower-Netzwerk bereits im letzten November vorgebrachthatte, bestehen nach wie vor. Besonders bedauerlich ist dabei, dass die Grünen die Forderung von Whistleblower-Netzwerk e.V. nicht aufgenommen haben in Whistleblowing-Fällen zukünftig eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses über § 9 KSchG gegen den Willen des Whistleblowers auszuschließen. Damals hatten die Grünen noch behauptet, dass, hierfür kein Bedarf bestünde. Spätestens das aktuelle Urteil des LAG Schleswig-Holsteinsollte jedoch auch die Grünen eigentlich für die hier lauernden Gefahren für Whistleblower sensibilisiert haben.
In anderen Aspekten scheinen sich die Grünen jedoch sehr wohl die Kritik von Whistleblower-Netzwerk e.V. an ihrem Vorentwurf zu Herzen genommen zu haben. So enthält zwar auch die neue Fassung noch kein Wahlrecht des Whistleblowers hinsichtlich der unmittelbaren Einschaltung von zuständigen Behörden (wie Whistleblower-Netzwerk e.V. dies in seinem eigenen Gesetzesentwurf vorsieht) immerhin verzichten die Grünen nunmehr aber auf die Forderung der Vorsatztat bzw. der Billigung durch den Arbeitgeber und lassen es ausreichen „wenn der Arbeitnehmer aufgrund konkreter Anhaltspunkte der Auffassung ist, dass im Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit eine Straftat begangen worden ist“. Weitere von Whistleblower-Netzwerk vorgeschlagene und von den Grünen nunmehr aufgenommene deutliche Verbesserungen betreffen die Beweislastverteilung. So sieht der neue Entwurf u.a. vor, dass der Arbeitnehmer nicht die Beweislast dafür trägt, „dass er aufgrund konkreter Anhaltspunkte der Auffassung war, dass im Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit eine Straftat begangen worden ist“ und erstmals wird auch eine Beweiserleichterung für Beamte vorgesehen, sofern „eine Beamtin oder ein Beamter Tatsachen glaubhaft macht, die eine Benachteiligung wegen zulässiger Ausübung der Rechte“ zum Whistleblowing „erkennbar werden lassen“.
Das Thema Whistleblowing bleibt somit auf der Agenda des Bundestages. Für den 14. Juni ist die erste Lesung zum Entwurf der Grünen im Bundestagsplenum geplant. Die Chancen, dass die Bundesrepublik ihre gegenüber den G20-Staaten abgegebene Selbstverpflichtung erfüllen wird, bis Ende 2012 gesetzlichen Whistleblowerschutz nach „best practice“-Prinzipien einzuführen, dürften aber dennoch gering sein. Die Koalitionsfraktionen sehen, auch nach heftiger Kritik durch die G20 an der gegenwärtigen Rechtslage, keinerlei Handlungsbedarf. Hinsichtlich der gegenwärtigen Oppositionsfraktionen dürfte es spannend werden zu beobachten, wie diese sich im Wahljahr 2013 und insbesondere im Falle neuer Regierungskonstellationen positionieren werden. Whistleblower-Netzwerk e.V. jedenfalls wird all dies auch weiterhin kritisch und konstruktiv begleiten.