Wie die Medien seit zwei Tagen berichten, hat die Europäische Kommission gestern Hausdurchsuchungen in den Räumlichkeiten der OMV (vormals Österreichischen Mineralöl Verwaltung ) durchgeführt. Unterstützt wird sie dabei von der österreichischen Bundeswettbewerbsbehörde, die die OMV schon früher wegen ihrer Gas Importverträge kritisiert hatte.
Verdächtigt wird die Firma, gemeinsam mit zwanzig anderen Unternehmen in zehn mittel- und osteuropäischen Ländern, ihre Marktmacht missbraucht zu haben und den Wettbewerb durch Preisabsprachen behindert zu haben. In Österreich sollen auch die Firmen EconGas und Centrex Besuch aus Brüssel erhalten haben
In Deutschland wurden ähnlichen Razzien auch bei der E.ON Ruhrgas, bei RWE sowie dem Firmensitz der russischen GAZPROM in Berlin und in Tschechien durchgeführt.
Unisono erklärten die durchsuchten Unternehmen, mit der Europäischen Kommission konstruktiv zusammenarbeiten zu wollen, um die Vorwürfe aufzuklären. Dies klingt ganz nach einer Sprachregelung.
Laut WirtschaftsWoche fand die Durchsuchung genau an dem Tag statt, an dem Russlands Ministerpräsident Wladimir Putin EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso besucht hatte. Dabei ging es um die Zukunft die Zukunft der russischen Gaspipeline Southstream nach Europa, aber auch um das von der EU favorisierte Konkurrenzprojekt Nabucco, mit dem Europa die Abhängigkeit von russischem Erdgas verringern will. Die EU soll mittlerweile jeden politischen Zusammenhang bestritten haben.
Ähnliche Durchsuchungen wie dieser Tage bei der OMV gab es im Jahre 2004 bei der ThyssenKruppAG, und zwar wegen Preisabsprachen im Aufzugs- und Rolltreppenbau. Daraufhin verhängte die EU-Kommission gegen den Essener Industriekonzern Strafzahlungen für Kartellverstösse in Höhe von inzwischen € 319,8 Mio.
Dies nahm die ThyssenKrupp AG zum Anlass, eine innerbetriebliche Hotline einzurichten, bei der Mitarbeiter nicht nur vermeintliche Korruptionsvorfälle, sonder eben auch Kartellverstösse melden können. Betrieben wird die Hotline nicht durch das Unternehmen selbst, sondern durch die Anwaltskanzlei Simmons & Simmons.
Aus den Hausdurchsuchungen wegen der Preisabsprachen im Aufzugs- und Rolltreppenbau dürfte die ThyssenKrupp AG allerdings nicht wirklich klug geworden sein, denn die Deutsche Bahn verlangt nun von ThyssenKrupp Ausgleichzahlungen wegen illegaler Preisabsprachen im Schienenbereich. An dem Kartell sollen etwa 30 Unternehmen, die über Jahre hinweg Mengen und Preise auf dem deutschen Schienenmarkt abgesprochen haben, beteiligt gewesen sein.
Unter diesen Firmen findet man auch die österreichische Voestalpine. Geschädigt wurde vor allem die Deutsche Bahn, die jedes Jahr über 200.000 Tonnen Schienen bestellt. Da die Preise laut Handelsblatt um bis zu 30 Prozent über dem regulären Niveau gelegen haben, dürfte die Bahn in den vergangenen zehn Jahren bis zu einer € 1 Milliarde zu viel für ihre Schienen bezahlt haben.
Dennoch ist die von ThyssenKrupp mittlerweilen eingerichtete Whistleblower Hotline als Schritt in die richtige Richtung zu werten. Daneben leistet sich die Firma konzernweit ca. 430 Compliance – Beauftragte bei einer Gesamtbelegschaft von weltweit etwa 175.000 Mitarbeitern und einem Gesamtumsatz von € 40 Milliarden. Auch von E.ON weiss man, dass dort seit 2010 eine Whistleblower Hotline eingerichtet ist.
Von der Voestalpine ist nicht bekannt, dass sie eine vergleichbare Whistleblowing Hotline unterhält, zumindest steht nichts davon in ihrem Verhaltenskodex. Ebenso wenig scheint die OMV, die dieser Tage für europäische und österreichische Wettbewerbshüter ihrer Tore öffnen musste, eine solche Hotline zu haben.
Auf einer Webseite der OMV erfährt man lediglich, dass im „Im Bereich der Business Ethik wurden eine Hotline und ein Webformular eingerichtet, die Mitarbeitern die Möglichkeit geben, bei Unsicherheiten Rat einzuholen. Außerdem besteht die Möglichkeit jeden Compliance Officer per Email, telefonisch oder persönlich direkt anzusprechen„. Moderne betriebsinterne Whistleblowing Regeln sind dies nicht und mit jenen der ThyssenKruppAG nicht zu vergleichen.
Es bleibt zu hoffen, dass die OMV ebenso wie vormals die ThyssenKrupp AG, die Hausdurchsuchungen der EU-Kommission eine Anregung sein werden, bald vergleichbare Whistleblowing Einrichtungen zu schaffen. Freilich bleiben auch die besten betriebsinternen Whistleblowing Vorkehrungen ohne entsprechenden gesetzlichen Whistleblower Schutz nur ein Stückwerk.
Whistleblowing Austria / Walter Gehr