Zu „Time Persons of the Year“ wie 2002 in den USA hat es Whistleblowing in Deutschland bisher noch nicht gebracht, aber jetzt hat die Wochenzeitung „Freitag“ immerhin Whistleblowing zu ihrem Wochenthema und Titel der Papierausgabe erkoren.
Im Mittelpunkt steht dabei der Artikel von Daniel Domscheit-Berg, der nach seinem Ausscheiden bei Wikileaks (im Detail erläutert im Gespräch mit Netzpolitik.org) beschreibt wie es weitergehen könnte. Aus seiner Sicht gehört dazu eine Whistleblowing-Plattform im Internet welche er wie folgt skizziert:
Die effiziente Nutzung der von Whistleblowern zur Verfügung gestellten Materialien muss dabei im Vordergrund stehen. Eine Plattform für Whistleblower ist eine neutrale Instanz und muss sich selbst als reine Dienstleistung begreifen. Dies betrifft vor allem die verlässliche Entgegennahme, Verarbeitung und Auswertung von Dokumenten. Diese Funktion darf sie nicht aus dem Auge verlieren und sie muss sicherstellen, dass sie selbst bei großem Zuspruch die Einsendungen diskriminierungsfrei abarbeitet. Auch funktionale Schnittstellen mit den klassischen Medien werden benötigt. Eine Whistleblowing-Plattform ist Zuarbeiter für Medien. Deren Aufgabe ist die Analyse, Aufbereitung, Kontextualisierung und Präsentation der Informationen gegenüber der Gesellschaft.
Zugleich geht Domscheit-Berg aber erfreulicher Weise, am Beispiel von Brigitte Heinisch, auch auf die Hintergrundproblematik, nämlich den – gerade in Deutschland – fehlenden effektiven gesetzlichen Schutz von Whistleblowern und den im Gegensatz dazu überzogenen Geheimnisschutz ein. Whistleblower-Netzwerk e.V. hatte dies schon Ende Juli in seiner Presseerklärung anlässlich der Veröffentlichung der Afghan-War-Logs durch Wikileaks deutlich angesprochen. Bei Domscheit-Berg heißt es hierzu jetzt:
Wenn wir bereit sind, Whistleblower als Helden anzuerkennen, können wir vielleicht irgendwann einmal fragen, welcher Grad an Geheimhaltung für das gesunde Funktionieren unserer Gesellschaft akzeptabel ist und welcher Grad an Geheimhaltung nur legal sein darf. Diese Diskussion geht über das hinaus, was wir bisher bereit sind zu diskutieren.