Sehr geehrter Herr Präsident,
wir freuen uns, dass Sie in dieser Woche Berlin besuchen, gibt uns dies doch eine gute Gelegenheit Ihnen unsere Sicht auf Ihre Politik zu vermitteln.
Als Sie vor 5 Jahren zuletzt in Berlin waren, waren Sie für uns ein Hoffnungsträger. Sie hatten sich als Anwalt und Senator stets für Bürgerrechte eingesetzt, selbst Whistleblower erfolgreich vor Gericht vertreten und versprochen sich auch als Präsident für Whistleblower einzusetzen.
Auch kurz nach Ihrem Amtsantritt waren wir noch zuversichtlich als Sie bei einer Rede in Ghana ankündigten:
The essential truth of democracy is that each nation determines its own destiny. But what America will do is increase assistance for responsible individuals and responsible institutions, with a focus on supporting good governance – on parliaments, which check abuses of power and ensure that opposition voices are heard … on the rule of law, which ensures the equal administration of justice; on civic participation, so that young people get involved; and on concrete solutions to corruption like forensic accounting and automating services … strengthening hot lines, protecting whistle-blowers to advance transparency and accountability.
Aber seither ist vieles Geschehen. Einerseits haben Sie zwar einige Gesetze für Whistleblower verbessert und auch Reformen in jenen Bundesdienststellen durchgeführt, die sich mit dem Schutz von Whistleblowern in der Wirtschaft beschäftigen. Andererseits haben Sie aber vor allem dort, wo die Nachrichten der Whistleblower Missstände in Ihrer Administration und insbesondere im Militär und in den Geheimdiensten zu Tage brachten, alles getan, um die Überbringer der Nachricht zur Strecke zu bringen.
Sie haben mehr Whistleblower strafrechtlicher Verfolgung ausgesetzt als alle ihre Amtsvorgänger zusammen. Bradley Manning wurde unter Ihrer Verantwortung unmenschlichen Haftbedingungen ausgesetzt und musste über drei Jahre auf seinen Prozess warten. Sie selbst haben ihn bereits vorverurteilt und Ihre Militärjustiz will ihn lebenslänglich einkerkern. Mit Verlaub, Herr Präsident: Die Offenlegung von Kriegsverbrechen ist weder ein Verbrechen, noch eine Unterstützung des Feindes!
Die wahren Feinde Amerikas und der Ideale, die Amerika ausmachen sind andere! Es sind jene, die – angeblich für „Sicherheit und Freiheit“ – gefoltert und gemordet haben und jene, die die Folterer und Mörder ungeschoren davon kommen lassen. Es sind diejenigen, die Geschäfte mit dem Tod und der Angst machen und einen Überwachungsstaat einrichten um jene besser ausspionieren und bekämpfen zu können, die es ernst meinen mit Transparenz, Meinungsfreiheit und Kontrolle; einer Kontrolle, die in jedem demokratischen Staat zuförderst von den Bürgern gegenüber ihren Vertretern und deren Machtausübung und eben nicht umgekehrt ausgeübt werden sollte.
Mr. Obama, kehren Sie um, werden Sie wieder zum Anwalt für Whistleblower. Begnadigen Sie Bradley Manning, John Kiriakou u.a.. Lassen Sie die Anschuldigungen und Prozessvorbereitungen gegen Julian Assange und Edward Snowden fallen!
Einer Ihrer Vorgänger nutzte seine Rede vor dem Brandenburger Tor für eine berühmt gewordene Aufforderung. Unsere Aufforderung an Sie lautet:
Mr. Obama close the backdoors of PRISM and open the gates for the whistleblowers in your prisons!
Ihr Whistleblower-Netzwerk e.V.
PS: Wir unterstützen die Petition von @anked und den Aufruf zu einer Demonstration am 19.06.2013 um 15:00 Uhr am Großen Stern in Berlin.