Interview mit Medleaks: „Inzwischen geht es um Verbrechen“

Die Journalistin Susanne Baumstark hat uns ein Interview mit Medleaks zur Verfügung gestellt, welches wir nachfolgend gerne dokumentieren:

„Inzwischen geht es um Verbrechen“

Zwei Ärzte wollen Schweigespirale durchbrechen

Medleaks ist im Netz. Analog der Kultur des Whistleblowing will die Plattform Missstände im Gesundheitswesen aufzeigen, die „gegen den Grundsatz einer vorrangig uneigennützigen, ethischen Patientenversorgung verstoßen“, so die Initiatoren, zwei berufstätige Ärzte. Ihr Ziel ist: Probleme identifizieren, in Form anonymer Datenspenden der Öffentlichkeit zugänglich machen und Lösungsansätze diskutieren. Es folgt ein aktuelles Interview mit den Initiatoren:
S.B.*: Medleaks.org ist seit Ende September im Netz. Wie geht es Ihnen jetzt damit, nach einer sicherlich langen und aufwändigen Vorbereitungszeit? Haben Sie schon Rückmeldungen bekommen?
Medleaks: Geboren wurde diese Idee Mitte September 2012 nachts um drei Uhr vor der Rettungsstelle eines großen Krankenhauses. Und wir waren uns schnell einig: das gegenwärtige Gesundheitssystem ist kränker als alle unsere Patienten. Täglich haben wir mit Korruption und Intransparenz zu tun. Der Patient ist heute nur noch ein „Fall“, mit dem Geld verdient werden soll. Das Ergebnis „Gesundheit“ spielt überhaupt keine Rolle mehr. So kam der Entschluss, eine Plattform anzubieten, die es Mitarbeitern im Gesundheitswesen ermöglicht, anonym Erfahrungen zu veröffentlichen. Wir sind der Meinung, so kann Druck erzeugt werden, der eine Besinnung auf gesundheitliche Werte ermöglicht.
Die Rückmeldungen nach einem Monat im Netz sind aus zwei Gründen noch spärlich: Einerseits ist der Bekanntheitsgrad noch dürftig. Wir arbeiten derzeit mit diversen Medien zusammen – unter anderem ARD, ZDF, Zeit-Verlag, Transparency International –, um eine breite Öffentlichkeit zu erreichen. Andererseits besticht das deutsche Gesundheitswesen seit Jahrhunderten eher durch eine absolute Obrigkeitshörigkeit, anstatt offen für Werte einzustehen. Eingebunden in ein repressives hierarchisches System wird allen von Anfang an kritisches Denken aberzogen. Extremes Beispiel dafür sind die Verbrechen des deutschen Gesundheitssystems während der Nazi-Diktatur. Aber auch die Zusammenarbeit von Ärzten mit dem Amt für Staatssicherheit im DDR-Regime zeigt deutlich, wie schnell sich medizinisch-ethische Vorstellungen in der Vergangenheit den politischen untergeordnet haben. Heute ordnet sich der medizinische Anspruch allein der Ökonomie unter. Diesen Mechanismus wollen wir durchbrechen und allen die Möglichkeit geben, ihre Ideale offen zu vertreten.
S.B.: Was ist Ihre Motivation, so viel Energie in diese Plattform zu investieren?
Medleaks: Die Motivation ergibt sich allein aus unseren Idealen. Gesundheitspolitik muss – etwa so wie Bildung – frei sein von politischer, religiöser oder wirtschaftlicher Bevormundung und allein am Ziel ausgelegt sein, Gesundheit zu befördern bzw. wiederherzustellen. Inzwischen ist ein Punkt erreicht, an dem wir täglich Patienten gefährden müssen – sei es durch unnötige Diagnostik, dem Verwehren von Therapien oder allein durch Personaleinsparung, die eine angemessene Versorgung nahezu unmöglich machen. Dieser Punkt veranlasste in den letzten Jahren zunehmend insbesondere junge Ärzte, der Patientenversorgung endgültig den Rücken zu kehren. Wir aber wollen uns auch in Zukunft engagiert um unsere Patienten kümmern können. Und obwohl die Missstände allgegenwärtig und den verantwortlichen Politikern, Gewerkschaften, Ärztekammern und Berufsverbänden bekannt sind, kommt eine Reaktion meist erst dann, wenn wieder eine neue Katastrophe in der Presse erscheint.
S.B.: Sie schreiben, die bisher öffentlich gewordenen Missstände im Gesundheitswesen seien nur die Spitze eines Eisbergs. Ich habe nun Schwierigkeiten, mir die Größe des ganzen Eisbergs vorzustellen. Gibt es überhaupt irgendein Krankenhaus in Deutschland, in dem es gut läuft?
Medleaks: Definitiv: Nein! Natürlich läuft es manchmal besser, manchmal schlechter. Aber so lange das Gesundheitswesen rein wirtschaftlich denken muss, geht es auf Kosten der Patienten. Besonders schlimm ist es bei Krankenhausträgern, die aus ihren Gewinnen auch noch ihre Aktionäre mit Dividenden befriedigen müssen. Der Patient ist nur noch eine Einnahmequelle. Um den Gewinn zu maximieren, muss ich möglichst viele lukrative Maßnahmen abrechnen können (Untersuchungen, Operationen etc.) und gleichzeitig Ausgaben minimieren (insbesondere Personalkosten). Wenn dann, wie gerade an der Berliner Charité, eine Schwester nicht mehr für ein oder zwei, sondern für vier Frühgeborene verantwortlich ist, dann darf man sich nicht wundern, wenn die Hygiene darunter leidet.
S.B.: Können Sie eine Gewichtung der Art der Missstände vornehmen – welcher Aspekt behindert einen idealistisch motivierten und verantwortungsbewussten Arzt am meisten? Ist es die Personalknappheit, die Bürokratie oder etwas anderes?
Medleaks: Es ist die „Wirtschaftlichkeit“! Viel Zeit geht für Dokumentation drauf. Und mit „Dokumentation“ ist jetzt nicht das Erfassen und Dokumentieren von Symptomen, Erkrankungen oder Krankheitsverläufen gemeint. Es ist damit das Erfassen abrechnungsrelevanter Vorgänge gemeint. Viele Stunden sitzt deutschlandweit jeder Arzt täglich vor dem Computer, um den Erlös, den ein Patient erzielt, nach oben zu schrauben. Dann ist da natürlich auch die Personalknappheit: Einerseits wird die Anzahl der Beschäftigten reduziert (etwa 1 (ein!) Arzt für 18 Intensivpatienten und die Notfallversorgung des gesamten Hauses) und andererseits der fehlende Nachwuchs. Die „Generation Y“ erkannte schon während des Studiums, dass man in der Industrie oder im Ausland wesentlich besser leben kann.
S.B.: Sie positionieren sich ja erfrischend deutlich: „Für die Patientenversorgung hat allein die medizin-ethische Verantwortung der Behandler und Beschäftigten gegenüber ihren Patienten und der Bevölkerung maßgeblich zu sein. Dieser Verantwortung sind alle wirtschaftlichen und politischen Interessen nachzuordnen“, erklären Sie auf Ihrer Website. Was antworten Sie, wenn jemand Sie fragt: Wie wollen Sie ethische Verantwortung in die Praxis umsetzen, wenn das Geld dafür nicht da ist?
Medleaks: Wir behaupten, das Geld ist da! Leider kommt es nicht ausschließlich dem Patienten zugute. Wenn Sie sich mal allein die Geschäftsberichte der Fresenius AG (Helios) und der Rhön AG von 2011 anschauen, dann wird klar, dass deutschlandweit circa zwei Millionen Euro pro Tag an Gewinnen aus dem System gezogen werden, erwirtschaftet von jedem Mitarbeiter und aufgebracht durch jeden einzelnen Beitragszahler. Oder nehmen Sie das Beispiel der Rückenoperationen: Laut einer aktuellen Studie stieg deren Anzahl von 170.000 (2007) auf 350.000 (2011). 80 Prozent dieser Operationen seien unnötig gewesen. Mit einer Verdoppelung der Operationszahlen verdoppeln sich natürlich auch die Nachbehandlungen, die ihrerseits Geld in die Kassen bringen. Solange mit Gesundheit Geld verdient wird, wird weiter auf Teufel komm raus operiert und diagnostiziert. Dieses Geld könnte anders verwendet werden. Und die Frage: Wodurch ließen sich Kosten einsparen? Ganz klar: Durch vernünftige Prävention. Gesundheitliche Bildung steht bis heute in keinem Lehrplan. Aber warum nicht bereits Kinder in Schulen entsprechend bilden, so dass am Ende ein Mensch steht, der gegenüber seiner eigenen Gesundheit und dem Sozialsystem Verantwortung übernimmt? Ebenso klar: Mit diesem Menschen lässt sich kein Geld verdienen! Das bestehende System will und braucht den kranken Patienten. Gesundheit ist unwirtschaftlich.
S.B.: Sie gehen davon aus, dass es sich bei den Missständen um überwiegend systemimmanente Fehler handelt und verweisen auf fehlende Transparenz, Selbstkritik und Zivilcourage. Ist es nicht ein bisschen bequem, ein System als Hauptschuldigen auszumachen? Ein System ist ein von Menschen gemachtes Konstrukt. Meinen Sie nicht, man kommt nur dann wirklich weiter, wenn die verantwortlichen Rösser und Reiter beim Namen genannt werden? Anders gefragt: Ist Diplomatie an diesem Punkt noch hilfreich?
Medleaks: Diplomatie macht dann Sinn, wenn es darum geht, widersprüchliche Interessen zu einen. Im Gesundheitswesen geht es inzwischen um Verbrechen am Patienten. Damit sind wirklich strafrechtlich relevante Verbrechen gemeint: Unterlassene Hilfeleistung (Personalmangel), fahrlässige Tötung (schlechte Ausbildung, unqualifiziertes Personal), Körperverletzung (etwa Zeitmangel bei Patientenaufklärung), Freiheitsentzug (Fixierung des Patienten wegen Personalmangel). Natürlich weiß jeder Beteiligte, dass es sich dabei um Verbrechen handelt. Entweder er toleriert dies vor dem Hintergrund persönlicher Verhältnisse (Arbeitsplatzsicherheit) oder aber er kündigt, in der Hoffnung auf bessere Arbeitsbedingungen beim nächsten Arbeitgeber. Momentan ist die Personalfluktuation im Gesundheitswesen extrem hoch, besonders auf Leitungsebene. Und da kommen die Systemfehler ins Spiel, die den meisten wahrscheinlich gar nicht so bewusst sind. (s. folgende Fragen)
S.B.: In Ihrem bereitgestellten Forum  können sich Interessierte unter anderem über Fallberichte, medizinische Ethik oder das Gesundheitswesen austauschen. Im Menu Ärzteschaft stellen Sie die Frage, was man gegen mittelalterliche Hierarchien und Kadavergehorsam tun kann. Hat sich dieses ständische, autoritäre Denken in den letzten Jahren (wieder) verstärkt oder hat sich das seit dem Mittelalter in diesem Berufszweig immer ähnlich dargestellt? Wie ist diesbezüglich Ihre Beobachtung?
Medleaks: Ich persönlich überblicke jetzt 16 Berufsjahre in diversen Einrichtungen. Und da hat sich tatsächlich eine Menge verändert: Vor 16 Jahren war das Wort des Chefarztes Gesetz .. egal, wie qualifiziert oder unqualifiziert. Widerspruch oder auch nur konstruktive Kritik waren undenkbar. Das war eine Zeit, in der es durchaus üblich war, dass chirurgische Assistenzärzte am freien Wochenende den heimischen Garten des Chefarztes auf Vordermann brachten. Der Leidensdruck von Weiterbildungsassistenten war zum Teil enorm, hatte aber bei vielen den Effekt, dass sie dieses System unhinterfragt verinnerlichten und weitertrugen. Heute verdient der Chefarzt unser aller Mitleid. Als reines Sprachrohr der Geschäftsführung, insbesondere des kaufmännischen Direktors, fristet er meist ein ziemlich frustriertes Dasein. Seine Hauptaufgabe ist es, mit noch weniger Personal die Fallzahlen und Einnahmen seiner Abteilung weiter zu steigern. Ich erinnere mich dabei an einen wunderbaren HNO-Chefarzt: ein lieber Kerl und phantastischer Operateur, der jeden ersten Dienstag im Monat mit Tränen in den Augen die Station verließ, weil er wieder wie ein kleiner Junge vor die Geschäftsführung zitiert worden war, um angeblich schlechte Belegungszahlen vorgeführt zu bekommen. Und wenn Sie sich mal die Stellenanzeigen im Deutschen Ärzteblatt anschauen: Freie Chefarztstellen ohne Ende.
S.B.: Kann denn ein Chefarzt, der flache Hierarchien sowie partnerschaftliches und selbstkritisches Denken bevorzugt, Schwierigkeiten bekommen, seinen Posten zu halten? Ist es möglich, sich dem Anpassungsdruck zu entziehen, ohne bestraft zu werden?
Medleaks: Heute wird allerorts mit „flachen Hierarchien“ geworben. Aber die ausschließliche Macht liegt heutzutage bei der kaufmännischen Geschäftsführung. Eine Abteilungshierarchie spielt kaum noch eine Rolle. Aufgrund massiven Personalmangels einerseits ist Ausbildung heute mehr eine „Do-it-yourself“-Veranstaltung und andererseits ist jede Klinik froh über Personal welcher Qualität auch immer. Inzwischen hat der Begriff „flache Hierarchie“ für mich eher eine negative Bedeutung, denn dahinter steht häufig: keine Aus- und Weiterbildung, es kümmert sich niemand um die Anfänger, jeder macht, was er will, und kein Abteilungs-Rückgrat gegenüber der Geschäftsführung.
S.B.: Wie wurde eigentlich den Ärzten über Generationen hinweg „jegliche Selbstkritik aberzogen“, wie Sie konstatieren? Haben Sie ein Beispiel aus Ihrer eigenen Ausbildungszeit parat?
Medleaks: Mit dieser Frage sollten sich mal Psychologen beschäftigen. Darauf habe ich keine klare Antwort. Ich sehe nur das Ergebnis: Die Frage nach dem „Ist das richtig, was ich da tu?“ wird möglichst ausgeklammert. Bis heute gibt es keine offene Fehlerkultur unter Ärzten. Den Satz „Da hab ich wohl Mist gemacht“ habe ich bis heute noch nie gehört. Selbst bei offenkundigen Fehlern ist immer etwas anderes oder jemand anderes Schuld. Inzwischen wurde ja in vielen Krankenhäusern ein sogenanntes „Fehler-Management-System“ eingerichtet, in dem jeder Mitarbeiter computergestützt Fehler melden kann. Aber auch hier habe ich noch nie erlebt, dass dies dann offen diskutiert wurde. Ganz im Gegenteil: Der Meldende hat meist mit Repressalien zu rechnen, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Während der gesamten Ausbildung wird erwartet, diesen Unfehlbarkeitsanspruch zu leben. Wer sagt „Das weiß ich nicht“ muss damit rechnen, in der abteilungsinternen Hierarchie ganz nach unten zu fallen. „Das kann ich noch nicht“ bedeutet, dass ein anderer in der Ausbildung bevorzugt wird. Oder ganz schlimm: „Das habe ich falsch gemacht“ bedeutet den sicheren Weiterbildungstod.
S.B.: Auch die Verwaltung nehme in unethischer Weise Einfluss auf medizinische Behandlungen, ist auf Ihrer Website zu lesen. Können Sie das an einem Beispiel konkretisieren?
Medleaks: Bisher war es nur so, dass bestimmte teure Medikamente der Zustimmung der Verwaltung unterlagen. Inzwischen gehen manche Krankenhausträger so weit, sogenannte „Behandlungspfade“ vorzugeben. Das heißt: Bei bestimmten Beschwerden ist der Arzt angewiesen, einem Algorythmus zu folgen, der lukrative Diagnostik oder Behandlung vorgibt. Ganz beliebt momentan sind auch Kooperationen zwischen Krankenhäusern: Kann ein Patient im aufnehmenden Krankenhaus nicht behandelt werden (weil es etwa keine neurochirurgische Abteilung gibt), dann kommt der Patient nicht etwa ins nächste erreichbare Krankenhaus, sondern über zum Teil hunderte Kilometer zum Kooperationspartner.
S.B.: Der Übersicht halber: bitte zählen Sie doch mal die Institutionen auf, die neben der Ärzteschaft noch direkten und indirekten Einfluss nehmen auf die medizinische Behandlung.
Medleaks: Krankenkassen, Kassenärztliche Vereinigung, Geschäftsführungen, Pflegedienstleitungen, Landkreise. Berufsverbände, Ärztekammern und Gewerkschaften spielen erstaunlicherweise überhaupt keine Rolle! Beispiel: Laut Stellungnahme des Bundesverbandes der Anästhesisten (BDA) muss jede Narkose ärztlich geführt werden. Darüber hat sich Helios hinweggesetzt und die Narkosen von „Medizinischen Assistenten für Anästhesie“ („Mafa“, einjährig fortgebildetes Pflegepersonal) durchführen lassen. Es gab vehementen Widerspruch aller ärztlichen Gremien – ohne Erfolg. Erst als es zu Komplikationen und sogar einem Todesfall kam, ruderte Helios zurück.
S.B.: Und Sie arbeiten immer noch gerne als Arzt?
Medleaks: Ganz klar: Ja! Uns blieb unsere Motivation erhalten. Es gibt wahrscheinlich nichts Befriedigenderes, als dankbare Mitmenschen, denen man Schmerzen nehmen und Lebensqualität zurückgeben konnte.
S.B.: Zum Schluss noch ganz praktisch: Wie genau können Mitarbeiter im Gesundheitswesen belastendes Material an Medleaks übermitteln? Etwa Sitzungsprotokolle, Chefarztverträge mit unethischen Vorgaben oder Dienstpläne, die Arbeitsüberlastung dokumentieren? Sind für die anonyme Übermittlung technische Kenntnisse erforderlich? Und was passiert dann mit den Unterlagen?
Medleaks: Ein wenig internettechnische Kenntnisse sind leider nötig:
Unter http://medleaks.org/mybb kann sich jeder an Diskussionen im Forum beteiligen, eigene Meinungen, Erfahrungen oder Anregungen öffentlich machen. Sinnvoll ist dazu eine anonyme Registrierung, da wir sonst mit Spam überflutet würden. Veröffentlichungen in diesem Forum müssen von jedem selbst im Sinne von Schweigepflicht, Patienten- oder Informanten-Schutz verfasst werden.
Unter http://www.medleaks.org/website/daten.html steht ein Formular, das es erlaubt, Dokumente auf unseren Server hochzuladen. Dieses Verfahren bietet leider keine hundertprozentige Sicherheit, dass die Daten nicht auf dem Weg durchs Internet abgefangen werden, auch wenn das momentan sehr unwahrscheinlich ist. Für ein Mehr an Sicherheit empfehlen wir versierteren Benutzern die Einrichtung einer anonymen E-Mailadresse und den pgp-verschlüsselten (Schlüssel auf der Website abrufbar!) Versand ihrer Unterlagen an anonymous@medleaks.org . Diese Dokumente anonymisieren wir dann komplett (Entfernen aller Orte, Namen, Adressen etc.) und veröffentlichen sie.
S.B.: Mal angenommen, Sie haben in Bälde eine ordentliche Sammlung an Dokumentationsmaterial auf Ihrer Website stehen. Wie soll dann eine öffentliche Diskussion über Lösungsansätze in Gang kommen? Wird dies ebenfalls von Ihnen koordiniert?
Medleaks: Die Vergangenheit hat leider gezeigt, dass verantwortliche Gremien, Behörden, Krankenhausträger und zuständige Verbände bei Zwischenfällen allein auf öffentlichen (medialen) Druck reagieren. Momentan muss es aber schon ein Todesfall sein, um genügend Aufmerksamkeit zu bekommen.
Unser Ziel ist zunächst das Sammeln auch der vielen kleinen Unregelmäßigkeiten. Diese werden wir dann zusammenfassen, um das Systemproblem deutlich zu machen. Wir hoffen, darüber einen ähnlichen Effekt zu erreichen. Außerdem wollen wir eine Besinnung auf ureigenste medizinische Werte forcieren und allen, die dem entgegenlaufen, den Spiegel vorhalten. Und schließlich möchten wir auch dem potentiellen Patienten aufzeigen, in welche Maschinerie er sich begibt und wie er mit den richtigen Fragen an richtiger Stelle für sich selbst Verantwortung übernehmen kann.
S.B.: Hat sich schon eine Person gemeldet, die gerne als Botschafterin mit ihrem Namen Medleaks repräsentieren will?
Medleaks: Bisher leider nein…Aber – wie gesagt – unsere Werbung läuft gerade erst an.
S.B.: Vielen Dank für Ihre Offenheit!
*Das Interview führte Susanne Baumstark, freie Redakteurin und Diplom-Sozialpädagogin.
Weiterführende Informationen zur Praxis und Finanzierung des Projekts: www.medleaks.org
Aufgrund besserer Lesbarkeit wurde auf die zusätzliche Formulierung der weiblichen Form verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen sind geschlechtsunabhängig zu verstehen.

© Journalismus dient der Aufklärung. Daher darf das Interview – unverändert sowie unter Nennung der Autorin – teilweise und auch komplett weiterverwendet werden.

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