1 Jahr Hinweisgeberschutzgesetz: Evaluation unerwünscht?

Am 2. Juli 2023 ist das neue Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) in Kraft getreten. Es verbietet im Rahmen seines Anwendungsbereichs Repressalien gegen Whistleblower und erleichtert internes und externes Whistleblowing durch die Pflicht zur Einrichtung von Meldestellen. Nutzen werden viele potenzielle Whistleblower diese neuen Möglichkeiten aber nur, wenn sie sich ausreichend informiert, geschützt und unterstützt fühlen. Inwieweit dies der Fall ist, kann nur eine Evaluation unter Einbeziehung der relevanten Akteure (Beschäftigte, Arbeitgeber, Whistleblower, Wissenschaft, Zivilgesellschaft) zeigen. Obwohl die Gesetzesbegründung eine derartige Evaluation für Mitte 2025 vorsieht, sollen im Bundeshaushalt dem Vernehmen nach keine finanziellen Mittel dafür eingestellt werden.

Das Hinweisgeberschutzgesetz hat die rechtliche Situation bei internem und externem Whistleblowing verbessert. In der Praxis hapert es aber noch gewaltig. Noch immer fehlen die vorgeschriebenen internen Meldestellen in vielen Kommunen und Unternehmen. Noch immer macht der Gesetzgeber keinerlei Anstalten, die vielen Mängel des Hinweisgeberschutzgesetzes zu beheben“, so der Geschäftsführer von Whistleblower-Netzwerk, Kosmas Zittel.

Vor allem folgende erhebliche Mängel kritisiert Whistleblower-Netzwerk seit Beginn der Umsetzungsdebatte der EU-Richtlinie „ zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (23. Oktober 2019)“ in Deutschland:

  • Der sachliche Anwendungsbereich ist zu eng auf Rechtsverstöße begrenzt, anderes Fehlverhalten fällt nicht in den Schutzbereich.
  • Angelegenheiten der nationalen Sicherheit und der Nachrichtendienste sind pauschal vom Schutz ausgenommen.
  • Bei den zahlreichen behördlichen Verschlusssachen ist allenfalls internes Whistleblowing geschützt,
  • Der Gang an die Öffentlichkeit ist nur in Ausnahmefällen geschützt, langwierig und rechtsunsicher.
  • Der Bedeutung von Whistleblowing für die Kontrollfunktion der Medien und den gesellschaftlichen Willensbildungsprozess wird das Hinweisgeberschutzgesetz nicht gerecht.

Aus gutem Grund hat der Bundestag die Bundesregierung im Dezember 2022 in einem Beschluss u.a.  aufgefordert, den Hinweisgeberschutz in den Bereichen der nationalen Sicherheit, der Nachrichtendienste und der Verschlusssachen in einem weiteren Gesetzgebungsprozess zu modernisieren. Bleibt zu hoffen, dass die notwendigen Nachbesserungen bald in Angriff genommen werden.

Kontakt:

Whistleblower-Netzwerk e.V. (WBN)
Kosmas Zittel, Geschäftsführer
zittel@whistleblower-net.de
Tel: +49 176 84915150

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