Neuer Anlauf für ein Hinweisgeberschutzgesetz – Verschlimmbesserung statt Mängelbeseitigung?

Die Ampel-Fraktionen nehmen einen neuen Anlauf für die überfällige Umsetzung der EU-Whistleblowing-Richtlinie und bringen am 17. März gleich zwei neue Gesetzesentwürfe in erster Lesung in den Bundestag ein. Landesregierungen mit CDU/CSU-Beteiligung hatten den letzten Entwurf für ein Hinweisgeberschutzgesetz im Bundesrat blockiert (10.02.2023). Im Unterschied zu der im Dezember vom Bundestag beschlossenen Fassung nimmt der neue Gesetzentwurf „Beamtinnen und Beamte der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie Richterinnen und Richter im Landesdienst“ vom persönlichen Anwendungsbereich aus (§ 1 (3) HinSchG). Auch die Regelung über die Meldung von Äußerungen von Beamtinnen und Beamten, die einen Verstoß gegen die Pflicht zur Verfassungstreue darstellen (§ 2 Absatz 1 Nummer 10 HinSchG), wird auf Beamtinnen und Beamte des Bundes beschränkt. Auf die Art könnte das Gesetz ohne Zustimmung des Bundesrats verabschiedet werden. Wie die Ampel-Fraktionen zurecht erkannt haben, ist eine derartige Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs aber nicht mit der EU-Whistleblowing-Richtlinie vereinbar. Ein zweiter Gesetzentwurf der Ampel-Fraktionen sieht diese Regelung nicht vor und bedarf somit wiederum der Zustimmung des Bundesrats.

Es wäre geradezu absurd, wenn die Blockadehaltung der Unions-Parteien im Bundesrat für ein Zwei-Klassen-Recht im öffentlichen Dienst sorgen würde. Der Schutz für Whistleblower im öffentlichen Dienst ist ohnehin eingeschränkt, da Angelegenheiten der nationalen Sicherheit gänzlich und Verschlusssachen weitgehend vom Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes ausgenommen werden sollen“, so der Geschäftsführer von Whistleblower-Netzwerk, Kosmas Zittel

Bedauerlicherweise haben die Ampel-Fraktionen den neuen Anlauf nicht dazu genutzt, zwei offensichtliche Mängel des vorherigen Gesetzesbeschlusses zu beheben: Whistleblower-Netzwerk fordert seit langem, im Gesetz einen Offenlegungstatbestand für erhebliche Rechtsbrüche und Missstände aufzunehmen, wenn deren Aufdeckung im Interesse der demokratischen Öffentlichkeit liegt. Wie berechtigt diese Forderung ist, wurde unlängst wieder vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) bestätigt. Er betonte in seiner Entscheidung im Fall des Luxleaks-Whistleblowers Halet gegen Luxemburg (14.2.2023) das erhebliche öffentliche Interesse an der Offenlegung von Informationen über Steuervermeidungspraktiken und gab dem Whistleblower damit Recht.

„Die Ampel-Fraktionen haben die Chance vertan, Offenlegungen gegenüber den Medien unter Verweis auf die Entscheidung der Großen Kammer des EGMR endlich zu erleichtern und Hinweise zu erheblichen Missständen unterhalb der Schwelle eindeutiger Rechtsverstöße unter Schutz zu stellen“, kritisiert die Vorsitzende von Whistleblower-Netzwerk, Annegret Falter.

Zur Entscheidung des EMGR im Fall Halet gegen Luxemburg findet am Dienstag, den 21.3.2023 von 17:00 Uhr bis ca. 18:30 Uhr eine digitale Veranstaltung von Whistleblower-Netzwerk und Reporter Ohne Grenzen statt.

 

Weitere Informationen:

Kontakt:

Whistleblower-Netzwerk e.V. (WBN)
Kosmas Zittel, Geschäftsführer
zittel@whistleblower-net.de
Tel: +49 176 84915150

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