Leider bleibt der diese Woche von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) in die Ressortabstimmung gegebene (und von uns veröffentlichte) Entwurf für ein Hinweisgeberschutzgesetz hinter unseren Erwartungen zurück. Zwar sieht er eine moderate Ausweitung der Anwendungsbereiche der EU-Richtlinie auf bestimmte Bereiche des deutschen Rechts vor. Die Meldung von Missständen unterhalb der Schwelle eindeutiger Rechtsverstöße bleibt allerdings vom Whistleblowerschutz ausgenommen, genauso Informationen, die die „nationale Sicherheit oder wesentliche Sicherheitsinteressen des Staates“ betreffen (Verschlussachen).
Laut dem Entwurf soll das neue Gesetz Klarheit darüber schaffen, wann und wie ein Whistleblower bei der Meldung von Missständen geschützt ist. Bislang war die rechtliche Situation stets unklar, da es aktuell keine umfassenden gesetzlichen Regelungen für Hinweisgeber gibt. Der Entwurf sieht nun zwei verschiedene Möglichkeiten zum Melden von Missständen vor: eine interne Meldestelle, die im Unternehmen oder bei Dritten (bspw. einer Anwaltskanzlei) angesiedelt ist sowie eine externe Meldestelle des Bundes beim Bundesamt der Justiz. Dabei besteht bedauerlicherweise keine Pflicht zur Nachverfolgung anonymer Meldungen. Nur in wenigen Ausnahmefällen kann der oder die Hinweisgeber*in zudem an die Öffentlichkeit gehen, etwa wenn Gefahr im Verzug ist oder vorherige Meldestellen keine Maßnahmen ergriffen haben. Auch hier sehen wir Nachbesserungsbedarf.
Der Gesetzentwurf soll bereits mit dem Arbeitsministerium abgestimmt sein und laut Handelsblatt nach Möglichkeit im Juni vom Kabinett beschlossen werden. Da es sich um ein Zustimmungsgesetz handelt, braucht es zudem eine Mehrheit im Bundesrat. Bei planmäßigem Gesetzgebungsprozess soll das Gesetz im Herbst in Kraft treten. Die Bundesregierung steht unter Handlungsdruck, da die Europäische Kommission Ende Januar 2022 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland und andere Mitgliedsstaaten eingeleitet hat. Die Frist zur Umsetzung der EU-Richtlinie war bereits im Dezember 2021 abgelaufen. Wegen Unstimmigkeiten in der vorherigen Regierung war ein Gesetzesentwurf der ehemaligen Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) gescheitert.