Am 23. Oktober 2019 wurde die EU-Whistleblowing-Richtlinie vom EU-Parlament und -Rat unterzeichnet. Whistleblower-Netzwerk (WBN) und Reporter ohne Grenzen fordern gemeinsam eine längst überfällige, umfassende Regelung zum Whistleblowerschutz.
Ausweitung des Anwendungsbereichs
Doch statt ein weitreichendes Gesetz auf den Weg zu bringen, diskutieren die zuständigen Ministerien zurzeit, den Schutz auf Whistleblower zu beschränken, die Verstöße gegen Unionsrecht melden.
Annegret Falter, Vorsitzende Whistleblower-Netzwerk: „Es entstünde ein Bürokratiemonster, das die Rechtsunsicherheit vergrößern und zusätzliche Belastung für die unternehmensinternen Rechtsabteilungen und die Justiz bedeuten würde.“
Vorrang für die Meinungsäußerungs- und Pressefreiheit
Cum-Ex, Wirecard, Panamapapers, Rechtsextreme bei der Bundeswehr: erst dank medialer Berichterstattung wurden in diesen Whistleblowing-Fällen Täter*innen zur Rechenschaft gezogen und politische Konsequenzen konnten folgen. Als journalistische Quellen besitzen Whistleblower eine wesentliche Bedeutung für die Kontrollfunktion der Medien in demokratischen Gesellschaften. Freie Meinungsäußerung muss daher bei der Richtlinienumsetzung vor anderen geschützten Interessen Vorrang haben, sofern sie eine das öffentliche Interesse wesentlich berührende Frage betrifft.
Keine pauschale Ausnahme für Verschlusssachen
Die Sicherung durch Geheimhaltungsstufen in Behörden darf kein Grund sein, Informationen über Missstände – besonders, wenn diese Grundrechte und das öffentliche Interesse betreffen – unter Verschluss zu halten. Die Vermutungsregel für den Vorrang der Meinungsfreiheit vor anderen schützenswerten Interessen muss auch und insbesondere für Beamt*innen und Angestellte des Öffentlichen Dienstes gelten.
Thomas Kastning, Geschäftsführung Whistleblower-Netzwerk: „Wäre Edward Snowden Deutscher – wer würde bestreiten, dass wir ein Gesetz wollen, das ihn geschützt hätte? Staatliche Geheimhaltung ist nur dann akzeptabel, wenn sie legal ist und dem Gemeinwohl dient.“
Digitalen Quellenschutz auf Whistleblower anwenden
Der Schutz, den Journalist*innen vor digitaler Überwachung haben, muss auch für Whistleblower gelten. Das ist insbesondere in der zurzeit stattfindenden Ausweitung von digitaler Überwachung wichtig (siehe z.B. neuer Regierungsentwurf zum BND-Gesetz).
Weiterführende Informationen zu unseren Positionen: Politik zur Whistleblowing-Richtlinie
Kontakt
WBN – Whistleblower-Netzwerk e.V.
Thomas Kastning
kastning@whistleblower-net.de