Die Sicherung von schützenswerten Geheimnissen der nationalen Sicherheit kann und muss so ausgestaltet werden, dass sie mit dem demokratischen Grundrecht der Bürger auf Zugang zu öffentlichen Informationen und dem Menschenrecht auf Meinungsfreiheit und Whistleblowing vereinbar ist. So lautet die Kernbotschaft der „Tshwane Prinzipien: Weltweite Prinzipien zur Nationalen Sicherheit und dem Recht auf Informationen“, die im Sommer dieses Jahres von einem Zusammenschluss von internationalen Experten, Wissenschaftlern und NGOs erstellt und in der südafrikanischen Stadt Tshwane erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt wurden.
Whistleblower-Netzwerk hat im Auftrag der Open Society Justice Initiative jetzt erstmals eine deutsche Übersetzung jener Prinzipien vorgelegt und hofft damit einen Beitrag zur Diskussion um notwendige Veränderungen und Konsequenzen aus Fällen wie jenen von Edward Snowden auch in Deutschland leisten zu können.
In insgesamt 50 zum Teil sehr detailliert ausgestalteten Prinzipien werden hier Leitlinien für nationale und internationale Gesetzgebung vorgelegt, die es unter Berücksichtigung aller relevanter Aspekte ermöglichen wirklich schützenswerte staatliche Geheimnisse zu identifizieren, sachgemäß einzustufen und auch einer unabhängigen Überprüfung ihrer Geheimhaltungsbedürftigkeit zu unterziehen. Zugleich werden Regelungen vorgeschlagen, wie mit Informationszugangsanfragen umgegangen werden sollte und unter welchen Voraussetzungen auch bezüglich geheimer Dokumente Whistleblowing im öffentlichen Interesse – notfalls auch gegenüber der Öffentlichkeit – möglich bleiben muss (letzteres vor allem in den Prinzipien 37ff.).
Besonders bemerkenswert an den Tshwane Prinzipien ist, dass diese schon kurz nach ihrer Veröffentlichung auf Resonanz im politischen Raum gestoßen sind. So hat unlängst die Parlamentarische Versammlung des Europarates (PACE) in der Empfehlung 2024(2013) den Ministerrat des Europarates aufgefordert, die Mitgliedstaaten des Europarates zu ermutigen. die Tshwane Prinzipien bei der Modernisierung ihrer relevanten Gesetzgebung und Praxis im Bereich der Nationalen Sicherheit und des Informationszugangs zu berücksichtigen.
Die PACE stützt sich dabei auf ihre Resolution 1954(2013), in der erneut unter Verweis auf die Tshwane Prinzipien Vorgaben gemacht werden wie z.B.: das Recht auf Informationszugang als Grundsatz der Ausnahmen nur insoweit unterworfen werden kann wie diese gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind und einem legitimen Zweck dienen; die restriktive Interpretation von Ausnahmen und die entsprechende Beweislast der Behörden; Transparenz von Klassifizierungsregelungen, -systemen und -mechanismen und deren ständige Überprüfung; ergänzende Einzelfallabwägung die dort, wo dies im öffentlichen Interesse ist (etwa als Beitrag zu einer politischen Debatte, zur Aufdeckung von Menschenrechtsverletzungen, aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Gesundheit oder zur Sicherstellung der Rechenschaftspflicht öffentlicher Stellen oder zur Aufdeckung von Rechtsbrüchen, Korruption und Machtmissbrauch) auch Zugang zu Geheiminformationen ermöglichen muss; Schutz von Whistleblowern die Missstände aufdecken; umgehende Bearbeitung von Informationsfreiheitsanfragen; Unabhängige Kontrollstellen mit umfassenden Befugnissen zur Sicherstellung der Einhaltung dieser Vorgaben.