Vom 17. Juni bis 05. Juli, gastiert unsere Foto-Ausstellung „Whistleblowing – Licht ins Dunkel bringen!“ erstmals in Süddeutschland: in der Residenz des Rechts, in Karlsruhe. Veranstalter vor Ort sind MdB Karin Binder (DIE LINKE) und der ver.di-Bezirk Mittelbaden-Nordschwarzwald. Veranstaltungsort ist – auch dies eine Premiere – ein Gewerkschaftshaus: ver.di-Haus Karlsruhe, 7.OG, Rüppurer Straße 1a, 76137 Karlsruhe.
Offiziell eröffnet wird die Ausstellung ebendort mit einer Veranstaltung am 17. Juni um 18:00 Uhr. Wir freuen uns hierfür die Wissenschaftlerin Irma Kreiten als Gesprächspartnerin gewonnen zu haben. Irma Kreiten wird dabei ihre Erfahrungen als Whistleblowerin aus dem Wissenschaftsbetrieb schildern.
Nach ihrem Magisterabschluss war Irma Kreiten von 2005 – 2008 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Tübinger Sonderforschungsbereich „Kriegserfahrungen“ angestellt und musste massive Einschränkungen ihrer Wissenschaftsfreiheit miterleben, weil sie sich fachlich fundiert mit einem weitgehend unbekannten Völkermord, dem an den Tscherkessen, befassen wollte. Ihr wurde u.a. nahegelegt, auf die Untersuchung genozidaler Gewalt zu verzichten und keine Kontakte zu den Nachkommen der Überlebenden aufzunehmen. Sie wurde gedrängt, sich auf die Perspektive der Täter einzulassen und als sie sich weigerte Kolonialgewalt zu verharmlosen und Verbrechen zu leugnen, wurde sie gemobbt, bewilligte Forschungsgelder wurden einbehalten und ihr wurde mit einer Verleumdungsklage gedroht. Erst seit kurzen spricht sie offen darüber, z.B. mit German Foreign Policy und in der Wochenzeitung Freitag.
Die Ausstellung in Karlsruhe ist bis zum 5 Juli für die Öffentlichkeit kostenlos zugänglich: Montags-Donnerstags von 9 bis 16 Uhr und Freitags von 9 bis 12 Uhr. Weitere Infos gibts im Ausstellungsflyer.
Wer nicht nach Karlsruhe kommen kann, kann sich unsere Ausstellung auf dieser Webseite auch online anschauen. Dort findet sich mit den Fällen Dr. Rainer Moormann und Prof. Dr. Eberhard Hildt (letzterer war übrigens gerade im Interview mit Quarks & Co zu sehen) auch weitere Fälle aus dem Wissenschaftsbetrieb.
Ein anderer Hochschul-Whistleblower kämpft derzeit noch vor Gericht um seinen Job: Diplom-Ingenieur Ingo Karras wurde von der Hochschule Lausitz gefeuert, weil er, nachdem internes Vorgehen fruchtlos geblieben waren, sich als Mitarbeiter des Zentrums für barrierefreies Studium öffentlich gegen eine Diskriminierung von Behinderten an jener Hochschule aussprach. Die Hochschule Lausitz hat jene Missstände zwar zwischenzeitlich korrigiert, hält aber an der Kündigung von Karras fest. Er braucht daher ganz aktuell Unterstützung aus der Zivilgesellschaft.
Die aktuellen Empfehlungen der Hochschulrektorenkonferenz wollen Whistleblowern den Gang in die Öffentlichkeit ebenfalls generell untersagen. Die HRK vertraut statt dessen ganz auf Ombudspersonen und Ombudsgremien, auf deren angebliche Unabhängigkeit und den Schutz des Whistleblowers durch Vertraulichkeit:
Zum Schutz der Hinweisgeber (Whistle Blower) und der Betroffenen unterliegt die Arbeit der Ombudspersonen höchster Vertraulichkeit. Die Vertraulichkeit ist nicht gegeben, wenn sich der Hinweisgeber mit seinem Verdacht an die Öffentlichkeit wendet. In diesem Fall verstößt er regelmäßig selbst gegen die Regeln der guten wissenschaftlichen Praxis. Dies ist auch bei leichtfertigem Umgang mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens der Fall sowie bei der Erhebung bewusst unrichtiger Vorwürfe.
Aus Sicht eines Whistleblowers ist dies alles wenig ermutigend. Und auch als Steuerzahler fragt man sich, ob es gerechtfertigt ist, Wissenschaft aufgrund ihrer gesellschaftlichen Bedeutung mit öffentlichen Mittel zu finanzieren, wenn jene ihre Missstände und Risiken lieber unter der Decke halten will, statt sich einer notwendigen gesellschaftlichen Diskussion zu stellen.