Im Dezember 2009 verketten sich die Ereignisse. In Berlin vernetzen sich mehrere inzwischen über 40jährige Männer, die als ehemalige Schüler des hier renommierten Canisius-Kolleg (CK) früher ebenfalls missbraucht worden waren: von Patres des Jesuiten-Ordens. Sie sind sich – nach vielen Schwierigkeiten, sich als Opfer zu „outen“ – einig, die neue Schulleitung des „CK“ zu informieren und das Missbrauchssystem öffentlich zu machen. Sie vereinbaren Mitte Januar 2010 einen Termin mit dem neuen Rektor Pater Klaus Mertes. Dem hatten sich 2006 und 2008 bereits jeweils ein Opfer unter dem Siegel der Verschwiegenheit offenbart, weshalb es am „CK“ bereits eine Mediatorin gibt. Über die vielen neuen Fälle ist Mertes schockiert.
Er handelt sofort. Weil er aber aufklären will, weiß er, dass er als Rektor das „System repräsentieren“ muss – die potenziellen Opfer brauchen jemanden, der den Kopf hinhält, der die „Watschen“ aushalten muss. Es gäbe sonst niemanden, der Verantwortung übernähme – jeder würde sagen, er habe davon nichts gewusst. Deshalb will er auch nicht (sofort) an die Presse gehen, wie es die Opfer vorschlagen, sondern ersteinmal über 600 Ehemalige des CK anschreiben:
„Ihr bedroht uns nicht, wenn Ihr redet, sondern Ihr helft, die Missstände aufzuklären.“
So lautet ein Auszug aus der Beschreibung des Falles von Pater Klaus Mertes in unserer Whistleblower-Ausstellung. Sein Verhalten ehrt die SPD am 26.04.2012 mit der Verleihung des mit 10.000 EUR dotierten Gustav-Heinemann-Bürgerpreises. Whistleblower-Netzwerk e.V. gratuliert schon jetzt ganz herzlich, und wünscht sich, dass die Preisverleihung auch dazu beitragen wird, in der SPD und darüber hinaus noch mehr Unterstützung für Whistleblower zu mobilisieren.