Der folgende Beitrag ist die Übersetzung eines am 10. Jänner 2010 in der kenyanischen Zeitung „Daily Nation“ unter dem Titel „Treten Sie dem Lonely Heart Whistleblowers Club bei“ erschienen Artikels der Journalistin Rasna Whara.
„Ich habe neulich wieder daran gedacht, einen Whistleblower Klub in der Art der „Anonymen Alkoholiker“ zu gründen, einschliesslich eines 12-stufigen Genesungsprogramm.
Ein Gespräch mit einem Whistleblower, der beschrieb, wie es sich anfühlt, Fehlverhalten zu melden und dabei nicht ernst genommen zu werden, brachte mich auf diese Idee.
Ich diesen Bekannten angerufen, weil ich selbst auf Missstände aufmerksam gemacht hatte und mich fragte, ob mein Verhaltens für uns Whistleblower übliche Konsequenzen nach sich gezogen hatten.
Ich wollte zum Beispiel wissen, ob meine Wutgefühle sowie das Gefühl, verrate worden zu sein, normal waren. Ich wollte auch wissen, ob meine Schlaflosigkeitsphasen auch irgendwann einmal wieder aufhören würden.
“Es wird möglicher Weise Monate dauern bis Du davon los kommst“, erklärte mir mein Bekannter. „Man wird Dich alleine lassen. Freunde und Kollegen werden Dich verlassen. Du wirst anfangen, Deine Beziehungen in Frage zu stellen. Das Leben wird niemals wieder das Gleiche sein.”
Weltweit haben Whistleblower unisono, nachdem sie Korrution, Fehlleistungen oder Amtsmissbrauch gemeldet haben, über Gefühle von Isolation, Verrat und Verlassensein berichtet.
Im Jahre 2002, nachdem Cynthia Cooper dem Revisionausschuss des Vorstandes der Firma WorldCom über die von ihr vermuteten Unregelmäßigkeiten in deren Buchhaltung berichtet hatte, redeten ihre Kollegen nicht mehr mit ihr, und kein einziger leitender Manager dankte ihr für die Information.
Im selben Jahr berichtete Sherron Watkins bei Enron dem Vorstandsvorsitzenden Kenneth Lay über einen „ausgeklügelten Betrug in der Buchhaltung“; schnell wurde sie daraufhin herabgestuft (doch Lay wurde schliesslich angeklagt und des Betruges sowie der Verschwörung für schuldig befunden; er starb aber bevor er die Strafe antreten konnte).
Meine eigenen Versuche, mögliche Misswirtschaft bei Steuergeldern und unethisches Verhalten in einer internationalen Organisation, zu melden, wurden rasch mit dem Abstreiten der Vorfälle und Einschüchterung quittiert.
Man versuchte, mich durch Mobbing zum Schweigen zu bringen, doch als dies nicht fruchtete, folgte eisernes Schweigen. Die Botschaft war klar: Wenn Du die Sache weiterverfolgst, wirst Du geächtet.
Ein Management Berater, mit dem ich über diese Marter sprach, erklärte mir, dass eine solche Reaktion in großen Bürokratien üblich sei, denn dort sei Selbsterhalt und weniger Effizienz die treibende Kraft der Manager. Manager in solchen Organisationen denken, dass es ihr Job sei, ihre Untergebenen weniger zu motivieren als zu kontrollieren.
Ich dachte dann an John Githongo und an den verstorbenen David Munyakei. Hatten sie sich selbst in den dunkelsten Stunden vorgeworfen, derartig naiv gewesen zu sein ? Hatten sie ihre Entscheidung, Whistleblower zu werden, bedauert ?
Als sich nichts änderte, nachdem sie die Misstände offengelegt hatten, und die Kräfte der Korruption gemeinsam auf eine massive Vertuschung hinarbeiteten, hätten sie es sich gewünscht, klüger gewesen zu sein und die einfachere Option des Wegschauens gewählt zu haben ?
Ironischer Weise sind Whistleblower sehr oft diejenigem, die sich am meisten nicht nur in ihrer Arbeit, sondern auch für die Ziele der Organisationen, denen sie dienen, engagieren.
Gemeinsam mit dem FBI Agenten Coleen Rowley, die aufgedeckt hatte, dass ihre Behörde es unterlassen hatte, gegen mutmasslichen Terroristen zu ermitteln, wurden Cooper und Watkins vom Time Magazine zu den Personen des Jahres 2002 gewählt. Das Magazin beschrieb beide als “die wahrhaftigsten unter den wahren Gläubigen, immer treu dem Gedanken, dass sie an einer Stelle arbeiteten, wo sie maßgeblich der ganzen Welt dienlich sein konnten. ”
Whistleblowing Austria / Walter Gehr