Whistleblower-Netzwerk e.V. hat sich in einer ausführlichen Stellungnahme mit den aktuellen Vorschlägen der Bundestagsfraktion Bündnis90/Die Grünen zum gesetzlichen Whistleblowerschutz beschäftigt und fordert Nachbesserungen. Das Netzwerk macht seine Kritik vor allem daran fest, dass der Vorschlag zwar positive Ansätze enthalte, letztlich denjenigen, die Missstände am Arbeitsplatz vermuten, aber keine planbare und sichere Alternative zum „Melden statt Wegschauen“ bietet.
Whistleblower-Netzwerk hält es dabei vor allem für den falschen Weg, die Einschaltung zuständiger Behörden an Voraussetzungen zu knüpfen, deren Vorliegen durch Mitarbeiter selbst mit anwaltlicher Beratung kaum sicher abgeschätzt werden könnten. Wie soll jemand denn belegen, dass – so eine der von den Grünen aufgestellten Bedingungen – sein Arbeitgeber Straftaten von Kollegen explizit billigt? Wie soll er wissen, ob er lange genug auf eine Antwort auf interne Hinweise gewartet hat, wenn der Gesetzesentwurf hierzu schweigt? All diese Fragen würden laut Whistleblower-Netzwerk auch nach den Vorstellungen von Bündnis90/Die Grünen weiterhin erst im Nachhinein und auf Einzelfallbasis von Gerichten entschieden werden. Potentielle Whistleblower würden weiterhin abgeschreckt statt zur Meldung ermutigt. Grundrechte wie Petitionsrechts und Meinungsfreiheit, deren Verletzung der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zuletzt im Fall der Altenpflegerin Brigitte Heinisch feststellte, blieben dabei genauso auf der Strecke wie die Interessen der Allgemeinheit.
„Wir hoffen, dass die Grünen ihr Diskussionsangebot, welches wir sehr begrüßen, auch ernst meinen und sich unsere Kritik zu Herzen nehmen“ sagt Guido Strack, der Vorsitzende des Whistleblower-Netzwerks. Er wird am 30.11.2011 in Berlin an einem Fachgespräch mit der Bundestagsfraktion teilnehmen. Positive Aspekte des Grünen Vorschlags sieht er in den vorgesehenen Beweiserleichterungen beim Diskriminierungsnachweis, in der Erstreckung auf Beamte und in der Einbeziehung drohender Rechtsverletzungen. Andererseits seien aber neben der Kernfrage der Vorhersehbarkeit auch Nachbesserungen in einigen Formulierungen, die Ausdehnung des Schutzes auf atypische Beschäftigungsverhältnisse, ein Schutz auch bei Insolvenz des Arbeitgebers und vor allem auch eine Lösung für Altfälle und eine positive Förderung und Unterstützung von Whistleblowing notwendig. „Wir empfehlen den Grünen dringend sich die internationale ‚best practice‘, die Vorschläge zum effektiven Whistleblowerschutz von Transparency International und auch den Gesetzesentwurf unseres Netzwerks nochmal genau anzuschauen und die darin enthaltenen Anregungen aufzugreifen.“
Die vollständige Stellungnahme zum Entwurf der Grünen und der eigene Gesetzesentwurf des Whistleblower-Netzwerks sind verfügbar unter: www.whistleblower-net.de/gesetzgebung.