Das Berufungsgericht der nordfranzösischen Stand Caen hat am 23. September 2011 die vorläufige Suspendierung der Whistleblower Hotline der Firma Benoist Girard, bestätigt.
Wie die Nachrichtenagentur „Agence France Presse“ (AFP) weiter berichtete, war die Suspendierung erstmals am 06. November 2009 aufgrund einer Klage des Betriebsrates und der Gewerkschaftsorganisation CFDT verfügt worden.
Die Hotline war für das französische Prothesenherstellungsunternehmen von der Firma EthicsPoint eingerichtet worden, weil dessen US-Muttergesellschaft Stryker aufgrund der amerikanischen Sabannes-Oxley (SOX) Gesetzgebung seit 2002 dazu verpflichtet war.
Bereits 2009 hatte die Rechtsanwältin von Benoist Girard, Maryvonne Pouchin-Rebmann, dargestellt, dass die Whistleblower Hotline das Ziel verfolge, die Unternehmen der Stryker Gruppe vor Korruption zu schützen.
Den Richter Thierry Roy hatte allerdings schon damals gestört, dass EthicsPoint den Hinweisgebern empfohlen hatte, anonym zu bleiben, während die französische Datenschutzbehörde CNIL eine Identifikation des Whistleblowers bevorzugt. Anonyme Anzeigen würden allerdings, so Roy, die Gefahr von Verleumdungen erhöhen.
Weiters relevierte der Richter, dass die Webseite von EthicsPoint nicht nur anonyme Anzeigen von Korruption und anderen Betrugshandlungen, sondern auch von anderen Missständen erlaube. Dies sei, so der Richter, ein Freibrief für das Denunziantentum, das den Zielsetzungen des französischen Datenschutzgesetzes widerspreche. Zwar habe die Firma Benoist Girard gegenüber der Datenschutzbehörde erklärt, dass ihre Whistleblower Hotline den behördlichen Vorgaben entsprächen, doch beweise dies nicht, dass die Hotline auch tatsächlich dem Gesetz Genüge tut.
So gebe das System insbesondere jedermann die Möglichkeit, Suchtgiftmißbrauchsmeldungen über jeden französischen Arbeitnehmer von Benoist Girard per Internet zu übermitteln.
Demgenüber erklärte der Personalchef der französischen Firma, dass man Filter eingebaut hätte, die Hinweise zu Themen die von der Datenschutzbehörde nicht genehmigt sind, zurückweise. Doch dieses Filtersystem hat das Gericht auch vergangene Woche nicht überzeugt, und zwar insbesondere weil man den Mitarbeitern empfehle, sich bei Beschwerden, die von der Whistleblower Hotline nicht erfasst sein dürfen, an den Personalchef zu wenden.
Trotz der ersten gerichtlichen Suspendierungsentscheidung vom 06. November 2009 habe laut Gewerkschaft die Firma Benoist Girard die Hotline dennoch nicht stillgelegt.
Die zwei Suspendierungsentscheidungen vom 06. November 2009 und vom 23. September 2011 sind vorläufige Massnahmen. Eine endgültige Entscheidung steht noch aus.
Whistleblowing Austria / Walter Gehr