Aus der Sicht des CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden im Deutschen Bundestag, Volker Kauder, offenbar ja. So der Abgeordnete in einem Zwischenruf im Januar diesen Jahres.
Bekanntermaßen sind „Whistleblower“ Menschen, die – im Gegensatz zu Zeugen, die hinterher aussagen, wenn es zu spät ist – vorher, sprich rechzeitig Alarm schlagen. Konkret: Auf Probleme und Missstände hinweisen, Risiken und Gefahren öffentlich machen.
Wir haben Volker Kauder deshalb am 19.Mai einen Brief geschrieben. Und ihn gefragt, warum z.B. Pater Klaus Mertes ein „Blockwart“ ist. Pater Mertes hatte im letzten Jahr in einer Berliner Eliteschule, dem Berliner Canisius-Kolleg, sexuellen Missbrauch vorangegangener Jahre aufgearbeitet. Und das Thema letztlich in die öffentliche Diskussion gebracht. Seither ist dieses Tabu-Thema ein ‚Thema’ – in der Öffentlichkeit und in der Politik, aber auch in den betroffenen Institutionen: der katholischen Kirche, der hessischen Odenwaldschule und anderswo mehr (Weitere Infos unterwww.ansTageslicht.de/Missbrauch).
Wir haben Volker Kauder gebeten, uns auch in anderen Fällen zu erklären, wieso solche couragierten Menschen mit „Blockwarten“ der NS-Zeit vergleichbar sind. Und wir haben ihm vorgeschlagen, dies im Rahmen einer öffentlichen Diskussion zu tun. Zum Beispiel auch mit betroffenen Whistleblowern.
Eine Antwort haben wir heute erhalten: Dass wir keine Antwort erhalten werden. Konkret hat uns die Referentin seines Büros angerufen, um 2 Dinge mitzuteilen:
- Herr Kauder antwortet auf Offene Briefe überhaupt nicht. Nur wenn man ihn privat, sprich nicht-öffentlich anschreibt. Dass Volker Kauder die fragliche Äußerung öffentlich gemacht hat, bedeutet für ihn nicht, dass man darüber dann auch öffentlich mit ihm diskutieren kann.
- Dass wir Pater Mertes als Whistleblower bezeichnen und ihn als Beispiel anführen, um mittels einer Frage an Volker Kauder klären zu können, weshalb Whistleblower mit „Blockwarten“ vergleichbar seien, ist für Volker Kauder „unwissenschaftlich“. So seine Referentin.
Und soweit zur Antwort von Volker Kauder. Wir werden ihn dennoch ein weiteres Mal anschreiben. Und ihn fragen, wieso er „Öffentlichkeit“ nicht schätzt. Und wo denn zu erfahren ist, dass er auf öffentliche Fragen oder Offene Briefe nicht zu antworten geruht. Und ob er es für ’normal‘ betrachtet, dass seine öffentlichen Äußerungen öffentlich nicht zur Diskussion stehen.
Egal wie:Die Bedeutung von Whistleblowern im gesellschaftlichen Kontext und insbesondere im Zusammenhang mit Veränderungen auf unterschiedlichen Ebenen zu klären, ist eine der Aufgaben des DokZentrums ansTageslicht.de, zu finden unter www.ansTageslicht.de/Whistleblower.
In Kooperation mit dem Whistleblower-Netzwerk ist deshalb auch eine Ausstellung entstanden: „Whistleblowing – Licht ins Dunkel bringen“, die vom 20. bis 29.Mai im Berliner Kunsthaus Tacheles zu sehen ist. Insgesamt 22 Fallbeispiele aus ganz Deutschland und aus unterschiedlichen Branchen. Die Bilder stammen von dem bekannten Fotografen Petrov Ahner, die Texte von Johannes Ludwig und Annegret Falter. Die prägnanten Portraits sind auch online zu lesen – direkt unter diesem Link.
Die ‚Ausstellung’ stellt nicht nur couragierte Menschen vor, sondern will auch auf den eklatanten Widerspruch hinweisen:
- Auf der einen Seite sind Whistleblower für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und für Veränderungen unverzichtbar.
- Auf der anderen werden solche Hinweisgeber in der Regel gemieden und gemobbt und letztlich entweder kalt gestellt oder gekündigt. Im Öffentlichen Dienst sind in Deutschland solche Mechanismen besonders subtil ausgeprägt.
Hier sind dringend gesetzliche Änderungen notwendig, wenn ‚rechtzeitiges Alarm-Schlagen‘ gesellschaftlich erwünscht ist. Und es setzt ein Ideologiefreies Umdenken über die gesellschaftliche Funktion des Whistleblowing voraus.
Der vorstehende Text ist eine Pressemitteilung unseres Kooperationspartners DokZentrum ansTageslicht.de und bezieht sich auf unsere Meldung vom 19.05.2011.