Zunächst einmal sei an dieser Stelle ein herzlicher Glückwunsch an „Emmely“ und alle ihre Unterstützerinnen und Unterstützer gerichtet. Der lange und schwere Weg war erfolgreich, das Bundesarbeitsgericht hat heute die Kündigung aufgehoben. Viel Spaß beim feiern!
Obwohl das Urteil dem Verfasser dieser Zeilen noch nicht vorliegt lassen sich bereits aus der Presseerklärung des BAG drei Erkenntnisse entnehmen, die auch für Whistleblower und deren Arbeitsgerichtsverfahren relevant sein dürften:
1. Das BAG stellt vor allem auf die Umstände des Einzelfalls ab
Damit sichern sich die Richter auch in Zukunft einen weiten eigenen Handlungsspielraum, bewirken aber letztlich vor allem eins: Rechtsunsicherheit. Bei Whistleblower Fällen gilt weitgehend das Gleiche. Gefordert wäre jetzt eigentlich der Gesetzgeber für mehr Klarheit zu sorgen. Aber dieser ignoriert mittlerweile seit fast 20 Jahren die Pflicht aus dem Einigungsvertrag ein Arbeitsgesetzbuch zu schaffen und hat bisher auch in punkto Whistleblowerschutz versagt.
2. Prozessverhalten darf nicht zu Lasten der Klägerin berücksichtigt werden
Bereits in unserem Bericht über die Zulassung der Revision im Fall Emmely hatten wir darauf hingewiesen, dass ähnlich wie es bei Emmely das LAG getan hat, auch Whistleblowern immer wieder gerne der Vorwurf gemacht wird, dass sie der so genannten „Aufklärung des Sachverhalts durch Gericht und Arbeitgeber“ immer wieder beharrlich ihre Sicht der Dinge entgegensetzen und aus diesem Verhalten dann der Vertrauensverlust abgeleitet und zur Rechtfertigung der Auflösung des Arbeitsverhältnisses herangezogen wird. Hierzu sagt das BAG nunmehr recht deutlich: „Dagegen konnte das Prozessverhalten der Klägerin nicht zu ihren Lasten gehen. Es lässt keine Rückschlüsse auf eine vertragsrelevante Unzuverlässigkeit zu. Es erschöpfte sich in einer möglicherweise ungeschickten und widersprüchlichen Verteidigung. “ Immerhin!
3. Öffentlicher Druck und Solidarität hilft – zumindest manchmal
Gerade bei der hier und anderswo vorgenommenen „Abwägung im Einzelfall“ sind auf dem Boden des Rechts meist beide möglichen Entscheidungen begründbar. Daher kann man sich bei Betrachtung der Geschichte des Falles Emmely und der erreichten Öffentlichkeits- und Skandalisierungswirkungen nicht vollends dem Gedanken verschließen, dass das weitgehend negative Echo welches das LAG-Urteil erfahren hat, nicht spurlos an den BAG Richtern vorbeigegangen ist. Auch die Dritte Gewalt bedarf halt der Kontrolle durch die 4. Gewalt und den Souverän. Zu beidem ist es aber nur gekommen, dank des Engangements und der Solidarisierung vieler Menschen und Organisationen. Genau diese Unterstützung brauchen auch Whistleblower! Helfen Sie Whistleblower-Netzwerk dabei dies zu fördern!