Am 29.5.2009 hat der Bundestag mit den Stimmen von Koalition und FDP das Gesetz über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes (Kontrollgremiumgesetz PKGrG) beschlossen. Er folgte dabei der Beschlussempfehlung des Innenausschusses (Drs. 16/13220) zur abgeänderten Annahme der Drs. 16/12411 in welche auch die Ergebnisse der Expertenanhörung vom 25.05.2009 einflossen.
Der Innenausschuss hat dabei die Whistleblower-Klausel in §8 Abs. 1 des ursprünglichen Entwurfs noch um den jetzigen Satz 2 ergänzt, so dass §8 jetzt insgesamt folgenden Wortlaut hat:
§ 8 Eingaben
(1) Angehörigen der Nachrichtendienste ist es gestattet sich in dienstlichen Angelegenheiten, jedoch nicht im eigenen oder Interesse anderer Angehöriger dieser Behörden ohne Einhaltung des Dienstweges unmittelbar an das Parlamentarische Kontrollgremium zu wenden. Eingaben sind zugleich an die Leitung des betroffenen Dienstes zu richten. Das Parlamentarische Kontrollgremium übermittelt die Eingaben der Bundesregierung zur Stellungnahme.(2) An den Deutschen Bundestag gerichtete Eingaben von Bürgern über ein sie betreffendes Verhalten der in § 1 Absatz 1 genannten Behörden können dem Parlamentarischen Kontrollgremium zur Kenntnis gegeben werden.
Die Begründung der Mehrheit des Innenausschusses für die weitere Abschwächung der Whistleblower-Klausel lautet:
„Durch die Regelung, dass Eingaben an das Parlamentarische Kontrollgremium zugleich auch an die Leitung des jeweils betroffenen Dienstes zu richten sind, soll sichergestellt werden, dass die Leitung der Dienste zeitnah über den Gegenstand der Eingabe unterrichtet ist und gegenüber dem Gremium unmittelbar eine Stellungnahme zu Inhalt der Eingabe abgeben kann.“
Womit dann auch sichergestellt sein dürfte, dass die Leitung des Dienstes sich sowohl dem Problem (bzw. seiner Vertuschung) als auch dem Whistleblower (bzw. seiner Disziplinierung) umgehend widmen kann, falls dies gewollt ist. Spannend dürfte auch die Frage sein, was mit Whistleblowern und ihrem Ansinnen passiert, wenn die von ihnen vorgebrachten Missstände bei „dienstlichen Angelegenheiten“ sich, wie z.B. im Falle der Vorwürfe hinsichtlich der (Mit-)Nutzung von Folter durch ausländische Dienste, auf Angelegenheiten beziehen, die den Nachrichtenzugang der Dienste gefährden könnten. Diese sind nach § 6 PKGrG nämlich von der Unterrichtungspflicht der Bundesregierung gegenüber dem Kontrollgremium ausgenommen.
Eine andere Frage ist die, ob Whistleblower aus den Diensten tatsächlich darauf vertrauen werden, dass ein Gremium das Mehrheitlich aus Mitgliedern der Regierungsfraktionen zusammengesetzt ist, sie effektiv vor Repressalien schützen wird und an einer wirklichen Sachaufklärung auch dann interessiert ist, wenn dies die Interessen der Bundesregierung erheblich beeinträchtigen kann. Die Oppositionsvertreter im Gremium dürfen ohne Zustimmung der Regierungsmehrheit zwar allenfalls noch zuhören und nachfragen, nach Außen, d.h. selbst gegenüber ihren eigenen Fraktionsvorsitzenden und erst Recht gegenüber den Medien, müssen sie aber – strafbewehrt wie auch bisher – schweigen. Transparente demokratische Kontrolle und effektiver Whistleblowerschutz sieht anders aus.
Das Gesetz, welches nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, tritt am Tage nach seiner – noch ausstehenden – Verkündung in Kraft.