Als zu unverbindlich kritisiert das bundesweite Netzwerk CorA die heute verabschiedete Novellierung des Vergaberechtes. Die neue ‚kann‘-Regelung zur Verankerung sozialer und ökologischer Kriterien bei der öffentlichen Auftragsvergabe werde der Verantwortung des Staates für die Einhaltung internationaler Arbeits- und Umweltstandards nicht gerecht. Jetzt gelte es, dem ‚Geiz ist geil‘-Einkauf des Staates schleunigst ein Ende zu machen und der Gesetzesnovelle einen konkreten „Aktionsplan für sozial-ökologische Beschaffung“ folgen zu lassen.
Nach einem zähen Prozess hatte sich der Bundestag heute auf das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts geeinigt. Damit wurden nach jahrelanger Verschleppung endlich auch EU-Vorgaben zu sozialen und ökologischen Kriterien der öffentlichen Auftragsvergabe ins deutsche Recht übernommen. Die neue Formulierung sieht vor, dass „zusätzliche Anforderungen an Auftragnehmer gestellt werden können, die insbesondere soziale, umweltbezogene oder innovative Aspekte betreffen“.
„Aus Berichten unserer Partnerorganisationen im Süden wissen wir: Massive Arbeitsrechtsverletzungen im Produktionsprozess öffentlich beschaffter Pflastersteine, Arbeitsbekleidung oder Computer sind keine Ausnahme, sondern die Regel“, so Thomas Krämer-Broscheit von der Christlichen Initiative Romero (CIR), Mitglied des Koordinierungskreises von CorA, einem Zusammenschluss von 40 NGOs und Gewerkschaften. „Im Kampf gegen solche Mißstände springt das neue Gesetz leider zu kurz. Mit dem ´Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts´ hat der Bundestag die Chance vertan, über die unverbindliche ‚kann‘-Regelung der EU hinauszugehen und sicherzustellen, dass die Öffentliche Hand jährlich viele Milliarden Euro nach klaren sozialen und ökologischen Vorgaben ausgibt“.
Peter Fuchs von WEED (Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung e.V.) ergänzte: „Mit einer verpflichtenden Bestimmung hätte die Bundesregierung den Markt für nachhaltig produzierte Güter gefördert und Druck auf unverantwortliche Konzerne ausgeübt. Mit der jetzigen Regelung bleibt leider weiterhin möglich, dass Öffentliche Vergabestellen nach dem Motto „Geiz ist Geil“ einkaufen. Um die Mängel des Gesetzes aufzufangen, ist die Bundesregierung nun gefordert, den schönen Worten aus der Gesetzesbegründung praktische Taten folgen zu lassen: Wie in anderen Ländern sollte jetzt unverzüglich ein ‚Aktionsplan für soziale und ökologische Beschaffung‘ erarbeitet und umgesetzt werden. Papier ist geduldig, Arbeits- und Menschenrechte sind es nicht!“
Whistleblower-Netzwerk e.V. ist eine der Mitgliedsorganisationen von CorA und hatte in einer eigenen Initiative auch die Einführung spezieller Regelungen für Whistleblowing und Whistleblowerschutz im Vergaberecht des Bundes gefordert. Auch diese Vorschläge wurden bei der jetzigen Regelung aber ignoriert.