Rainer Moormann weist am Kernforschungszentrum Jülich gravierende Störfall-Risiken einer speziellen Hochtemperatur-Reaktor-Technologie nach. Außerdem macht er einen gefährlichen Störfall am dortigen Versuchsreaktor öffentlich. Seine Enthüllungen führen zu einer offiziellen Untersuchung, die schwerwiegende Verstöße gegen die Sicherheitsvorschriften sowie unzulässige Verharmlosungen und Verheimlichungen beim Reaktorbetrieb feststellt. Während Deutschland seine Forschungsförderung überdenken muss, gilt Moormann als Nestbeschmutzer.
Sein Erfahrungsbericht
Als Whistleblower im Nuklearbereich bin ich wesentlich besser davongekommen als Andere. Dafür haben der schlechte Ruf der Nukleartechnik und ihr Glaubwürdigkeitsproblem gesorgt. Trotzdem habe ich die Belastungen als so stark empfunden, dass ich nicht weiß, ob ich es nochmals machen würde. So wurde ich ausgegrenzt, verlor meine Arbeitsgruppe, wurde als geisteskrank bezeichnet, im In- und Ausland als wissenschaftlich unfähig verleumdet, mehrfach versetzt und bei Veröffentlichungen behindert – während mein Arbeitgeber die Vertreter von Nuklearinteressen dabei unterstützte, mit wissenschaftlich falschen Aussagen mein Whistleblowing zu unterlaufen. So wurde ich schließlich in die Frührente gedrängt. Daher wünsche ich mir, dass endlich ein echter Schutz für Whistleblower etabliert wird.
Außerdem wünsche ich mir, dass die notwendigen Konsequenzen aus den von mir aufgedeckten, mittlerweile unstrittigen Fakten gezogen werden: Ich halte es für unerträglich, dass die Bundesregierung die ‚Kugelhaufen-Lobby‘ aus Aachen/Jülich in intransparenter Weise mit der Übergabe des in Deutschland erarbeiteten Know Hows an die Internationale Atomenergie-Organisation IAEA in Wien beauftragt hat, also einen Kreis, der durch Verschleiern und Abstreiten für das Debakel um die Kugelhaufentechnik wesentlich verantwortlich ist und der mit dem Verdacht auf Wissenschaftsbetrug leben muss. Hier ist sicherzustellen, dass der IAEA keine geschönten Informationen übergeben werden, da sonst zu befürchten ist, dass sich das deutsche Fiasko um Kugelhaufen-HTR andernorts wiederholt.
Weiterhin wünsche ich mir, dass die Bundesregierung auch andere Forderungen der Kugelhaufen-Lobby kritischer hinterfragt: Ich denke da an die gewünschte und bereits angelaufene Entwicklung einer umwelttechnisch problematischen Wiederaufarbeitung deutscher Kugelbrennelemente auf einem US-Militärgelände. Dies ist ein Vorhaben, das vordergründig zwar mit Entsorgungsproblemen gerechtfertigt wird, gleichzeitig aber eine milliardenschwere Investition in zukünftige Kugelhaufenreaktortechnik darstellt und damit als Wiederbelebungsversuch dieser gescheiterten Technologie gewertet werden kann. Eine wissenschaftlich unabhängige Bewertung dieses Problemkreises ist dringend geboten, zumal eine nachhaltigere Entsorgung der Kugeln in Deutschland möglich wäre.