Horst Pöttker, Geschäftsführer der Initiative Nachrichtenaufklärung und Professor am Institut für Journalistik der Universität Dortmund, weist darauf hin, dass die Spruchpraxis des Deutschen Presserats der letzten 20 Jahre in keiner Weise konsequent war, wenn es um den Informantenschutz ging: Stellte der Presserat sich Anfang der 90er Jahre noch hinter den Informantenschutz, so forderte er in jüngsten Entscheidungen sogar die Aufdeckung der Quellen.
Doch was bedeutet das für potentielle Whistleblower? Sie, die über keinen eigenen rechtlichen Schutz verfügen, müssen Journalisten vertrauen können. Doch die Sprunghaftigkeit des Presserats wirkt in hohem Maße verunsichernd, so Pöttker. Er wirft dem Presserat vor, den Informantenschutz lediglich auf einer „politisch-proklamatorischen Ebene“ zu vertreten, ihn jedoch in der alltäglichen Spruchpraxis zu vernachlässigen.
Eine Lösung sieht der Medienwissenschaftler in einer stärkeren öffentlichen Kontrolle und einer stärkeren Transparenz der Beschwerdeverfahren des Presserats. Zudem forderte er eine Öffnung des Presserats für ein „am professionellen Journalismus interessiertes Publikum“. Er erhofft sich mehr Professionalität auch von einzelnen Journalisten.. Ihre zentrale Aufgabe sieht er als Vermittlungsinstanz zwischen Whistleblowern und der Öffentlichkeit. Daher hätten sie nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht gegenüber ihren Informanten Verschwiegenheit zu wahren. Der Deutsche Presserat könnte mit einer klaren Spruchpraxis Zeichen setzen, denn, so Pöttker, „erst eine konsistente Spruchpraxis, die den Informantenschutz durchgehend zur Pflicht machte, würde Whistleblowing fördern.“