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Liebe Mitglieder, liebe Förderinnen und Förderer, sehr geehrte Damen und Herren,
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der 2. Juli war ein Meilenstein für den Whistleblowerschutz in Deutschland und die Arbeit von Whistleblower-Netzwerk. An dem Tag trat das neue Hinweisgeberschutzgesetz in Kraft. Ein Gesetz, das gemischte Gefühle hinterlässt. Freude, weil es die rechtliche Situation von Whistleblower bei internen und externen Meldungen deutlich verbessert. Frust, weil das Gesetz an vielen Stellen hinter den Erwartungen zurückbleibt. Zu unzureichend ist die Unterstützung für Whistleblower: Ein Schmerzensgeld für immaterielle Schäden (z.B. infolge von Mobbing) sieht das Gesetz nicht vor. Einen Unterstützungsfonds aus dem rechtliche und psychosoziale Hilfsleistungen finanziert werden könnten, fehlt ebenfalls. Wie nötig das wäre, wissen wir aus unserer langjährigen Beratung und Unterstützung von Whistleblowern.
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Schwer wiegen auch die engen Voraussetzungen für Offenlegungen gegenüber den Medien und die vielen Ausnahmen vom Anwendungsbereich, z.B. für gravierende Missstände unterhalb der Schwelle eindeutiger Rechtsverstöße. Angelegenheiten der Nachrichtendienste und Belange der sogenannten nationalen Sicherheit sind ebenfalls gänzlich vom Anwendungsbereich ausgenommen, staatliche Verschlusssachen sehr weitgehend. Wieder einmal werden Whistleblower vor allem als Instrument zur Rechtdurchsetzung betrachtet – zumindest da, wo es dem staatlichen Geheimhaltungsbedürfnis nicht zu nahekommt. Gravierende Missstände werden so weiterhin nur in Ausnahmefällen ans Licht der Öffentlichkeit kommen. Dabei bedarf es für Veränderungen häufig des öffentlichen Drucks, wie u.a. die Whistleblower-Fälle in diesem Newsletter zeigen.
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Aber noch ist nicht aller Tage Abend: Die EU wird das Hinweisgeberschutzgesetz auf Konformität mit der EU-Whistleblowing-Richtlinie und Ende 2025 auf Wirksamkeit hin prüfen. Eigentlich schwer vorstellbar, dass sie keinen Nachbesserungsbedarf sieht. Zudem hat der Bundestag die Bundesregierung aufgefordert, einige Aspekte des Whistleblowerschutzes in einem weiteren Gesetzgebungsverfahren aufzugreifen. Wir werden darauf drängen, dass es hierbei nicht bei leeren Ankündigungen bleibt.
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Gelingen kann uns das nur mit Ihrer Unterstützung. Für kleine Organisationen wie uns ist es durch die Veränderungen in der Förderlandschaft schwieriger geworden, Zuwendungen von großen Stiftungen einzuwerben. Umso dringender sind wir auf Ihre Spenden und Beiträge angewiesen.
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Inhaltsverzeichnis
2. Aus Politik und Gesetzgebung
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- Inkrafttreten des neuen Hinweisgeberschutzgesetzes
- EGRM-Urteil zu Offenlegungen
- Bevorstehende Einigung im EU-Rat zur Chatkontrolle
- Tod von Daniel Ellsberg
- Auslieferungsprozess von Julian Assange
- 10 Jahre Snowden-Veröffentlichungen
- Rüstungslieferungen an Russland
- Gewinnmargen von Zyto-Apotheken
- Tötungsverdacht an Berliner Charité
- Rechtsextremismus bei Bundeswehr und Rettungsdiensten
- Untreue bei Charité-Tochter und Fraunhofer-Gesellschaft
- Kein Informantenschutz für Julian Reichelt
- Prämie für Panama-Papers-Whistleblower
- Mitgliederversammlung (11.11.)
- Talk-Runde mit Whistleblowern (10.3.)
- Beiratssitzung
- Einzug der Förderbeiträge
- Spendenaufruf
- Europe’s New Whistleblowing Laws” (Publikation)
- „Geheimnisschutz und Transparenz“ (Dissertation)
- Virtuelle Ausstellung mit Whistleblowern
- Organisationsberatung
- Whistleblowing-Policy für NGOs
- Veröffentlichungen unseres Partners WIN
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2. Aus Politik & Gesetzgebung
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Inkrafttreten des neuen Hinweisgeberschutzgesetzes
Am 2. Juli war es so weit: Das Hinweisgeberschutzgesetz trat in Kraft. Mit dem Gesetz wurde die EU-Whistleblowing-Richtlinie umgesetzt – allerdings erst anderthalb Jahre nach Fristablauf und nachdem die EU ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hat. Frühere Gesetzentwürfe zur Umsetzung der EU-Richtlinie scheiterten zweimal am Widerstand von CDU/CSU – der erste in der Großen Koalition (04/2021), ein weiterer verfehlte Anfang Februar die notwendige Zustimmung im Bundesrat. Am 9. Mai wurde im Vermittlungsausschuss endlich eine Einigung erzielt und ein paar Tage später von Bundestag und Bundesrat verabschiedet. Ein zäher Prozess mit vielen Wendungen, der unsere Arbeit in den letzten Jahre maßgeblich geprägt hat. Immer wieder haben wir darauf hingewiesen, welcher gesetzlicher Verbesserungen es für einen effektiven Whistleblowerschutz bedarf, u.a. in Stellungnahmen im Rahmen der Verbändeanhörung, als Sachverständige in den Anhörungen des Bundestags-Rechtsausschusses und in unserer Pressearbeit.
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Eine Zeitleiste und Hintergrundinformationen zum Werdegang des Hinweisgeberschutzgesetzes finden Sie hier.
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Repressalienverbot und gleichrangige Meldewege
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Zweifellos bringt das Gesetz deutliche Verbesserungen mit sich. Wenn Whistleblower bestimmte Rechtsverstöße an eine interne und externe Meldestelle wenden, dürfen sie dafür keine Benachteiligungen erleiden. Zudem vereinfacht das Gesetz die Abgabe von Meldungen. Arbeitgeber mit mehr als 50 Beschäftigten (und im Fall von Kommunen mit mehr als 10.000 Einwohner*innen) müssen interne Meldestellen einrichten. Wer er es vorzieht, kann sich ohne vorherige interne Meldung direkt an die externen (staatlichen) Meldestellen wenden. Studien und Erfahrungen zeigen, dass Whistleblower i.d.R. den internen Weg wählen werden, vorausgesetzt sie haben den Eindruck, so etwas verändern zu können und geschützt zu sein. Trotzdem stieß diese Wahlfreiheit zwischen externem und internem Whistleblowing bei der Wirtschaft auf großen Widerstand. Gleiches gilt für die Ausweitung des sachlichen Anwendungsbereichs über die Minimalvorgaben der EU-Richtlinie hinaus. Ohne den Einsatz der Zivilgesellschaft wäre das Gesetz hier sicherlich schlechter ausgefallen.
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Zu weitgehende Bereichsausnahmen
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Alles gut also? Bei weitem nicht. Denn leider merkt man dem Gesetz an, dass Whistleblowing vor allem als ein Instrument betrachtet wird– nämlich eins zur Durchsetzung gesetzlicher Regelungen in der Wirtschaft. Deutlich wird das an den vielen Ausnahmen vom sachlichen Anwendungsbereich und den restriktiven Vorgaben für Offenlegungen.
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Informationen, die von Behörden zu Verschlusssachen deklariert wurden oder die den Bereich der Geheimdienste und der nationalen Sicherheit betreffen, sind weitgehend pauschal vom Anwendungsbereich ausgenommen. Heißt: Missstände aus diesen Bereichen dürfen allenfalls intern gemeldet werden. In Deutschland mangelt es an klaren Kriterien und unabhängigen Kontrollen zur Einstufung von Verschlusssache. Diese Regelung schafft daher einen Anreiz, unliebsame Informationen unter Verschluss zu stellen. So können sie gegen Whistleblowing immunisiert werden.
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Ebenfalls nicht vom Gesetz geschützt sind Meldungen zu erheblichen Fehlverhalten und gravierenden Missständen unterhalb der Schwelle von Rechtsverstößen. Dabei tragen Whistleblower dazu bei zu identifizieren, wo Regelungslücken bestehen, und wo geltendes Recht technischen, sozialen und politischen Entwicklungen hinterherhinkt.
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Restriktive Vorgaben für Offenlegungen
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An die Öffentlichkeit gebracht werden dürfen selbst die vom Hinweisgeberschutzgesetz abgedeckten Rechtsverstöße nur in Ausnahmefällen: Entweder, wenn externe Meldekanäle nicht angemessen reagieren oder wenn eine „unmittelbare oder offenkundige Gefährdung des öffentlichen Interesses“ droht (§ 32 HinSchG). Derart restriktive Vorgaben schränken die Meinungsäußerungsfreiheit von Whistleblowern und die Informations- und Partizipationsrechte der Gesellschaft zu sehr ein, wie wir u.a. in unserer Pressemitteilung mit Reporter ohne Grenzen bemängelt haben. Schließlich erfährt die Gesellschaft häufig nur durch die Zusammenarbeit von Whistleblowern und Journalist*innen von politischen und wirtschaftlichen Skandalen, Machtmissbrauch und Kontrollversagen.
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Kein Schmerzensgeldanspruch und Unterstützungsfonds
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Welch hohen Preis Whistleblower häufig für ihre Zivilcourage zahlen, scheint vielen politischen Entscheidungsträger*innen nicht bewusst zu sein. Zwar haben Whistleblower Anspruch auf Schadensersatz, wenn die Repressalien materielle Schäden verursachen. Ihn tatsächlich zu erhalten, wird mühselig und belastend bleiben. Auch künftig werden einige Arbeitgeber versuchen Whistleblower zu zermürben, z.B. durch prozesstaktische Verzögerungen in Gerichtsverfahren.
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Zudem sind die persönlichen Auswirkungen vieler Repressalien (Mobbing, Ausgrenzung) eher immaterieller Natur. Im Gesetz einen Schmerzensgeldanspruch für Whistleblower bei immateriellen Schäden zu verankern, wäre daher das Mindeste gewesen. Leider ist die entsprechende Gesetzespassage der Einigung im Vermittlungsausschuss zum Opfer gefallen.
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In keinem Gesetzentwurf überhaupt vorgesehen war ein Unterstützungsfonds für Whistleblower. Aus den Mitteln eines derartigen Fonds könnten z.B. Soforthilfemaßnahmen, Rechtshilfe und Maßnahmen zu Bewältigung der psychosozialen Folgen für Whistleblower finanziert werden. Die externe Meldestelle des Bundesamts für Justiz wird hier keine Hilfestellungen bieten (was wir in unserer Stellungnahme kritisiert haben). Experten wie Professor Schmolke plädieren im Übrigen sogar dafür, Whistleblowern wegen des hohen persönlichen Risikos Prämien zu zahlen (ähnlich wie in den USA).
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Evaluation und Prüfaufträge
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Hoffnung auf Besserung macht die EU. Sie könnte die Bundesregierung zu Nachbesserungen auffordern, z.B. weil das Gesetz nicht den Vorgaben der EU-Whistleblowing-Richtlinie entspricht (wie u.E. beim fehlenden Schmerzensgeldanspruch) oder weil es nicht die vom europäischen Gesetzgeber beabsichtigte Wirkung entfaltet. Eine Prüfung auf Richtlinienkonformität durch die EU wird zeitnah erfolgen, eine Evaluation der nationalen Gesetzgebungen zur Umsetzung der EU-Richtlinie ist für Ende 2025 vorgesehen.
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Sogar die Regierungsfraktionen scheinen erkannt zu haben, dass das Hinweisgebergesetz an einigen Stellen unzureichend ist. In einem Beschluss vom 16.12.2022 fordert der Bundestag die Bundesregierung u.a. auf, den Bedarf für finanzielle Unterstützungsangebote für Whistleblower und Nachbesserungen im staatlichen Geheimschutzbereich zu prüfen. Es wird u.a. vom Druck aus der Zivilgesellschaft abhängen, ob derartige Prüfaufträge ernsthaft verfolgt werden. Gleiches gilt für die Erleichterung von Offenlegungen.
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Mehr zu einzelnen Aspekten des Hinweisgeberschutzgesetzes können Sie unseren FAQs entnehmen.
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EGMR-Urteil zu Offenlegungen
Beim Thema Offenlegungen kommt uns ein Urteil des Europäischen Menschengerichthofs (EGMR) im Fall des LuxLeaks-Whistleblower Raphaël Halet (02/2023) zupass. Vor elf Jahren übergab Raphaël Halet Medien vertrauliche Unterlagen seines Arbeitgebers PricewaterhouseCoopers zu Vereinbarungen zwischen Unternehmen und Luxemburger Behörden. Zweck dieser Vereinbarungen war es, die Steuerlast der Unternehmen durch komplizierte Gewinnverschiebungen zu reduzieren – zulasten der Steuereinnahmen anderer Staaten. Raphaël Halet wurde zu einer Geldstrafe verurteilt. Ihm wurde zum einem vorgeworfen, den Interessen seines Arbeitgebers in unzulässiger Weise geschadet zu haben, zum anderen, dass er Sachverhalte öffentlich gemacht habe, die bereits durch den LuxLeaks-Whistleblower Antoine Deltour bekannt gewesen seien. Ein Urteil, welches die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in einer bahnbrechenden Entscheidung revidiert und Raphaël Halet eine Entschädigung zugesprochen hat. In ihrer Begründung betonten die Richter*innen das erhebliche öffentliche Interesse an der Offenlegung von Informationen über derartige Steuervermeidungspraktiken. Ähnlich hatte Whistleblower-Netzwerk (WBN) in seiner Drittintervention vor dem EGMR argumentiert.
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Das Urteil und die sich draus ergebenden Auswirkungen waren Thema einer Veranstaltung von Whistleblower-Netzwerk und Reporter Ohne Grenzen (21.3.2023), die Sie auf YouTube nachverfolgen können.
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Bevorstehende Einigung im EU-Rat zur Chatkontrolle
Der Europäische Rat plant in den nächsten Wochen seine Position zur sogenannten Chatkontrolle zu beschließen. Strittig ist, inwieweit Anbieter von Internetdiensten verpflichtet werden sollen, die Kommunikation ihrer Nutzer*innen automatisch auf Darstellungen von Kindesmissbrauch zu durchsuchen. Um verschlüsselte Kommunikation durchsuchen zu können, müsste eine Technologie entwickelt werden, welche die Verschlüsselung knackt oder umgeht. Nach Ansicht zahlreicher Experten*innen würde das die Kommunikation für alle unsicherer machen. Insbesondere für Whistleblower wäre es fatal, wenn sie sich nicht mehr auf die Vertraulichkeiten von Online-Kommunikationsdiensten verlassen könnten.
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Aktuelle Informationen zum Thema finden Sie auf der Webseite der Kampagne „Chatkontrollle stoppen“, eine Kooperation der Digitalen Gesellschaft, des Chaos Computer Clubs und des Vereins Digitalcourage.
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Mit 92 Jahren ist Daniel Ellsberg gestorben. Er veröffentlichte die Pentagon Papers, aus denen hervorging, dass die US-Regierung die Öffentlichkeit über wesentliche Aspekte und Ziele des Vietnam-Krieges täuschte. Mit dem Gang an die Öffentlichkeit wollte er dies deutlich machen und das Ende des Krieges beschleunigen. Daniel Ellsberg wurde als erster US-amerikanischer Whistleblower nach dem Espionage Act angeklagt – was sich inzwischen eingebürgert hat – und wurde Opfer einer Schmutzkampagne. Letzten Endes bewahrte ihn die Watergate-Affäre vor einer angedrohten Haft von über 100 Jahren. Zeit seines Lebens setzte er sich für Frieden ein und rief zum Whistleblowing auf.
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Auch das Vorgehen gegen Julian Assange prangerte er an, ähnlich wie viele andere Organisationen aus der Zivilgesellschaft. Die deutsche Journalistengewerkschaft dju in ver.di (WBN-Förderer) hat Julian Assange inzwischen zum Ehrenmitglied ernannt und fürchtet einen Präzedenzfall für den investigativen Journalismus. Zuletzt haben sich zahlreiche Vertreter*innen aus Politik, Kultur und Zivilgesellschaft (u.a. Annegret Falter und WBN-Beiratsmitglied Wolfgang Nešković) in einem von Günther Wallraff initiierten offenen Brief an Annalena Baerbock gewandt. Darin fordern sie die Außenministerin auf, sich auf ihrer US-Reise für die Freilassung von Julian Assange einzusetzen – ähnlich wie der brasilianische Präsident Lula und die Regierung von Assanges Heimatland Australien. Inwiefern der Druck etwas bewirkt, ist noch unklar. Australischen Medien zufolge laufen Verhandlungen. Es sei denkbar, dass die USA einen Teil der Vorwürfe fallen lassen und Julian Assange eine Haftstrafe in Australien absitzen darf. Indes läuft Julian Assange die Zeit davon. Mit seinen Berufungen gegen eine Auslieferung an die USA ist er vor britischen Gerichten bislang gescheitert. Voraussichtlich ab Oktober wird der britische High Court über einen letzten Anlauf verhandeln. Danach könnten nur noch politischer Wille oder der Europäische Menschengerichtshof Assanges Auslieferung verhindern. Ob der Europäische Menschengerichtshof die Beschwerde von Julian Assange überhaupt annimmt, ist unsicher.
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Enge Weggefährten von Julian Assange werden übrigens ebenfalls drangsaliert, Andy Müller-Maguhn berichtete dem Spiegel u.a. von Abhör-Implantaten in seinem Telefon, geöffneter Post und Verbindungen seines Smartphones zu IP-Adressen, die er nie angewählt hat. Er ist 2. Vorsitzender der WAU Holland Stiftung, die Wikileaks und Julian Assange seit vielen Jahren unterstützt (und seit Ende 2022 Whistleblower-Netzwerk).
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Weitere Informationen zum aktuellen Sachstand im Fall von Julian Assange können Sie unserer Webseite entnehmen.
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In Anbetracht des Umgangs mit Julian Assange ist es mehr als verständlich, dass Edward Snowden seinen 40. Geburtstag im Exil in Russland verbracht hat (und nicht zu seiner Geburtstagsfeier auf dem Dresdner Edward-Snowden-Platz gekommen ist). Vor zehn Jahren enthüllte er, wie US-Geheimdienste den weltweiten Datenverkehr verdachtsunabhängig systematisch und massenhaft ausspionierten – unter williger Mithilfe von westlichen Geheimdiensten wie dem BND. Dank Snowdens Aufdeckungen kann nun öffentlich darüber diskutiert werden, welche Einschränkungen wir bereit sind, für (vermeintliche) Verbesserungen der öffentlichen Sicherheit hinzunehmen. Im Zweifelsfall können wir uns rechtlich dagegen zur Wehr setzen, wie z.B. bei den erfolgreichen Klagen gegen das BND-Gesetz geschehen. Zuletzt haben Snowdens Enthüllungen dazu beigetragen, dass Meta, der Mutterkonzern von Facebook und Instagram, wegen der Übermittlung von Daten europäischer Nutzer*innen an die USA zu einer Rekordstrafe verurteilt wurde.
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Wer mehr über das Wirken und das Schicksal von Julian Assange und Edward Snowden erfahren will, dem seien die YouTube-Videos des sehenswerten Talks von Annegret Falter und Michael Sontheimer (u.a. taz, Zeit, Spiegel) bzw. der Keynote-Speech unseres Beiratsmitglied Constanze Kurz auf der diesjährigen re:publicca empfohlen.
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Der Forensiker Cihan Kuzkaya ist ein Beispiel dafür, dass Whistleblower Gefahren für den Frieden aufdecken. Er leitete bei KPMG Deutschland eine Untersuchung zu Kontakten der Rüstungsfirma New Lachaussée nach Russland und möglichen Sanktionsverletzungen durch den Export von Rüstungsgütern über Serbien. 2022 wandte er sich an die US-Börsenaufsicht SEC und ging an die Öffentlichkeit. Er erschien ihm der einzige Weg, Veränderungen zu erreichen. Miteigentümer von Lachaussée ist die wallonische Regionalregierung.
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Veränderung durch öffentlichen Druck erhofft sich auch der Apotheker Robert Herold. Er kritisierte die für ihn „moralisch verwerflich“ hohen Gewinnmargen von Apothekern bei der Herstellung von Zytostatika-Medikamenten für Krebspatient*innen (mehrere hundert bis tausend Euro pro Rezept). Als die sächsische AOK und der Verband der Zytostatika herstellenden Apothekerinnen und Apotheker (VZA) auf seine Meldungen nicht eingingen, wandte er sich an die Medien.
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Der Fall weckt Erinnerungen an den Fall unseres Vorstandsmitglieds Martin Porwoll, der Panschereien in einer Bottroper Zyto-Apotheke aufgedeckt hat. Er wurde vor kurzem mit der Bottroper Stadtplakette ausgezeichnet.
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Möglicherweise ebenfalls Gefahren für Leib und Leben schwerkranker Menschen abgewendet hat ein Whistleblower der Berliner Charité. Dort ist ein Kardiologe wegen zweifachen Mordes angeklagt, er soll Medikamente bewusst überdosiert haben. Ausgelöst wurden die Ermittlungen durch einen Hinweis über das anonyme Whistleblower-System, das die Charité nach einer früheren Mordserie einer Krankenschwester eingerichtet hat.
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Das Interesse Vorwürfe über Rechtsextremismus in Sicherheitsbehörden aufzuklären, scheint nach wie vor gering zu sein, wie das Beispiel des Bundeswehrsoldaten Patrick J. zeigt. Er sammelte in einem umfangreichen Dossier Belege für die vermeintliche rechtsextreme Gesinnung seiner Kameraden und meldet dies dem MAD (Militärischer Abschirmdienst). Daraufhin wurde 2018 ein Entlassungsverfahren gegen ihn eingeleitet. Die Bundeswehr begründete dies u.a. mit der „Vielzahl nicht ausreichend belegbarer Meldungen“. Diese Darstellung wurde der Bundeswehr jüngst vom Berliner Verwaltungsgerichts untersagt, da der MAD nur einen Bruchteil der gemeldeten Vorfälle überprüft habe.
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Bei einigen Rettungsdiensten scheint man ebenfalls wenig Bedarf zu sehen, Hinweise zu Rechtextremismus konsequent zu verfolgen. Guido Schäpe beklagte (zuerst intern) rechtsextreme Äußerungen, rassistische Chats und Diskriminierung von Menschen mit Migrationshintergrund. In Recherchen von taz, WDR und ZDF zufolge bestätigen andere Beschäftigte die Anschuldigungen. Doch statt den Vorwürfen von Guido Schäpe systematisch nachzugehen, wiegelten seine Vorgesetzten ab. Kolleg*innen warfen ihm vor, von mit seiner Person verbundenen Problemen ablenken zu wollen. Guido Schäpe verlor seinen Job.
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Ähnlich erging es Mitarbeitenden der CFM, einer Tochterfirma der Berliner Charité. Kurz nachdem sie intern auf mögliche Veruntreuungen in Millionenhöhe hinwiesen, wurde ihnen gekündigt. Derartige Fälle zeigen im Übrigen, warum es Whistleblowern aus Angst vor offenen und verdeckten Repressalien oft leichter fällt, Missstände anonym zu melden.
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Gegen Reimund Neugebauer, den inzwischen zurückgetretenen Präsidenten der Fraunhofer-Gesellschaft, wird ebenfalls wegen Untreue ermittelt. Whistleblower hatten bereits vor über zwei Jahren auf völlig überhöhte Spesenabrechnungen, Vetternwirtschaft und großzügige Geschenke für Vorstandsmitglieder bei Fraunhofer hingewiesen. Persönliche Konsequenzen wurden erst nach einem Bericht des Bundesrechnungshofs gezogen.
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Waren die Aufdeckungen des ehemaligen Bild-Chefredakteurs Julian Reichelt im öffentlichen Interesse? Er hatte der Wochenzeitung Die Zeit Einblicke in seinen Nachrichtenverkehr mit Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner gewährt. Daraus geht u.a. hervor, wie sich Mathias Döpfner über ostdeutsche Mitbürger*innen äußert und wie er sich dafür ausspricht, über die Bildzeitung Politik zugunsten der FDP zu machen. Hehre Absichten dürfte Julian Reichelt mit seinen Offenlegungen kaum verfolgt haben. Der Verleger der Berliner Zeitung, Holger Friedrich, hielt sein Vorgehen sogar für so verwerflich, dass er den Springer-Verlag informierte, als Julian Reichelt der Berliner Zeitung den Nachrichtenverkehr anbot. Dafür wurde Holger Friedrich vom Presserat gerügt, da er das Vertrauen in den Informantenschutz der Presse gefährdet habe. Nach Ansicht des Berliner Landgerichts war Holger Friedrich jedoch nicht zu Quellenschutz verpflichtet.
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Ähnlich wie Julian Reichelt scheint der Whistleblower der Panama Papers zumindest auch eigene Interessen im Sinn gehabt zu haben. Anders als in den USA sind Prämien für Whistleblower hierzulande zwar verpönt, das hindert Steuerbehörden jedoch nicht, Hinweisgeber*innen in Einzelfällen zu entlohnen. So soll BKA-Vizepräsident Peter Henzler dem Whistleblower bei den Panama Papers eine zehnprozentige Beteiligung an den Strafgeldern und Steuernachforderungen zugesichert, aber nicht angewiesen haben. Der Whistleblower will seine finanzielle Beteiligung in Höhe von angeblich 14,5 Millionen Euro vor einem US-Gericht geltend machen.
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4. In eigener Sache
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Unsere nächste Mitgliederversammlung (mit Vorstandswahlen) ist für Samstag, den 11. November ab 10 Uhr in unseren Berliner Räumlichkeiten geplant. Dort wollen wir unter anderem über die künftigen Schwerpunkte der Arbeit von Whistleblower-Netzwerk diskutieren. Anregungen dafür haben wir bei der letzten Sitzung unseres Beirats erhalten. Weitere versprechen wir uns von einer Talk-Runde mit Whistleblowern am 10. November um 15 Uhr in unseren Berliner Räumlichkeiten. Ziel ist es mehr darüber zu erfahren, wie es ihnen nach ihrem Whistleblowing ergangen ist und welche Unterstützung sie benötigt hätten.
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Finanzieren können wir derartigen Veranstaltungen nur über Spenden und die Beiträge unserer Mitglieder und Förderer*innen. Der Einzug der Förderbeiträge für das zweite Halbjahr erfolgt Mitte September. Über Ihre Spende würden wir uns sehr freuen, unsere Bankverbindung lautet:
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IBAN: DE92 1005 0000 0190 8663 65
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Wie haben andere EU-Mitgliedstaaten die Whistleblowing-Richtlinie umgesetzt und wie sieht das künftige Verhältnis zwischen Richtlinie und EGRM-Rechtsprechung aus? Mit diesen und weiteren Fragen haben sich einige der renommiertesten Expert*innen zum europäischen Whistleblowing-Recht in „Europe’s New Whistleblowing Laws“ befasst. Herausgeber der online frei zugänglichen Publikation ist Dr. Simon Gerdemann. Er und unser Beiratsmitglied Prof. Dr. Ninon Colneric sind maßgeblich am juristischen Fachkommentar zum Hinweisgeberschutzgesetz von Beck beteiligt, der in den kommenden Wochen auf den Markt kommen wird.
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Einen tiefergehenden Einblick in das Thema Whistleblowing im Geheimschutzbereich bietet die Dissertation „Geheimnisschutz und Transparenz“ von Robert Brockhaus. Sie ist online frei zugänglich und wurde mit dem Fritz Bauer Studienpreis des Bundesjustizministeriums ausgezeichnet.
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Empfehlen Sie gerne unser Beratungs- und Schulungsangebot, wenn Sie Unternehmen, Behörden oder zivilgesellschaftlichen Organisationen kennen, die Unterstützung bei der Etablierung von Hinweisgebersystemen und einer whistleblower-freundlichen Organisationskultur benötigen. Zivilgesellschaftliche Organisationen sind eingeladen, sich der Selbstverpflichtung zum Whistleblowerschutz anzuschließen, die wir zusammen mit anderen NGOs entwickelt haben. Teil dieser Policy ist eine gemeinsame interne Meldestelle mit einem externen Anwalt, der Pro Bono tätig ist.
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Die Ausstellung „DEMO-“ zeigt virtuelle Kunstwerke im Frankfurter Stadtraum, darunter die Serie „Monuments of the Disclosed“ des Künstlers Ahmet Öğüt mit virtuellen Büsten von Whistleblowern.
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Eine Empfehlung zum Lesen und Teilen sind natürlich unsere Beiträge in diversen Medien und in unseren Social-Mediakanälen LinkedIn, Twitter (jetzt X) und Facebook.
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Vielen Dank für Ihr Interesse an unserem Newsletter. Bitte bedenken Sie: Wir benötigen Ihre Unterstützung, damit wir unsere Arbeit machen können. Helfen Sie uns durch Ihre Spende.
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Bankverbindung Whistleblower-Netzwerk e.V. Berliner Sparkasse IBAN: DE92 1005 0000 0190 8663 65 BIC: BELADEBEXXX
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Whistleblower-Netzwerk e.V. c/o DJV (Deutscher Journalisten-Verband) Alte Jakobstr. 79/80 10179 Berlin
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info@whistleblower-net.de
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Whistleblower-Netzwerk e.V.
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